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Kasten- und Klassenstruktur Indiens im Umbruch
Die Kaste ist weitgehend identisch mit der Klassenstruktur Indiens, sie ergänzen sich gegenseitig. Die obere Kaste gehört sozial-ökonomisch meistens der oberen Klasse. Wobei die Klasse veränderbar ist, aber nicht die Kaste, die von der Geburt bestimmt wird und unveränderlich ist, auf diese stützt sich der Hinduismus.
Die politisch-ökonomischen Revolutionen veränderten weltweit die alten Machtstrukturen, dagegen blieb die Kastengesellschaft seit Jahrtausenden unverändert bestehen, wie Karl Max schrieb: „Die Struktur der Grundelemente der Gesellschaft blieb von den Stürmen der politischen Wolkenregion unberührt“1 ).
Das Wort Kaste , lateinisch casta bzw. reine Gattung oder reine Rasse, ist portugiesischen Ursprungs. Die indische Bezeichnung für sie ist Jat und kommt von dem Wort Janam, was eigentlich Geburt bedeutet, also etwas, in das man hineingeboren wird und aus dem es kein Ausbrechen gibt. Auf dieser Grundlage basiert die indische Gesellschaft, die religiös begründet und gesellschaftlich hingenommen wird.
Die arischen Einwanderer nach Indien (400-800 v. Chr.) legten die vierstufige Kastenordnung fest, indem sie die Brahmanen (Priesterkaste) zum Kopf, die Kshatriyas (Rajputen, Söhne des Königs, die Krieger) als Arm, die Vaishyas (Bauern und Händler) als Unterleib und die Shudras (Arbeiter) als Fuß des Schöpfers deklarierten 2).
Die Ureinwohner (Adivasis) wurden als Unberührbare aus der Kastenhierarchie ausgestoßen. Altindisch (Sanskrit) heißen sie Achuts (=ansteckend). In der südindischen Sprache nannte man sie Pariyar, die Trommelschläger, denn dort mussten sie beim Vorbeigehen die Trommel als Zeichen ihrer Unberührbarkeit tragen. Nach dem religiösen Dogma sind sie vorbestimmt als Landknechte (Doshad, Mushar), Bhangi (Strassen- und Toilettenreiniger), Chamar (Lederreiniger und Schuhmacher), Dhobi (Wäscher), Dom (Kadaverentferner und Schweinezüchter), Nunia (Totengräber), Pasi (Palmsaftzapfer), Nai (Barbier), usw. 3).
Der indische Staat bezeichnet sie als Scheduled Castes, sie möchten aber Dalits (Leidtragende) genannt werden.
In dem heutigen Indien beträgt der Anteil der oberen Kaste bzw. Brahmanen und Rajputen lediglich jeweils ca. 5 und 8%. Die Vaishyas bzw. die Kaste der Bauern und Händler wie Koeris, Kumris (Gemüse- und Obstbauernn), Ahirs, Jadavs ( Viehzüchter), Telis (Ölpresser), Lohars (Eisenschmiede), Barhis (Schreiner), Darzis (Schneider), Halwai (Zuckerbäcker), Mali (Gärtner) machen über 52% der Bevölkerung aus. Diese Angehörigen der unteren Kasten werden vom Staat als „Upper and Lower Backward Castes“ bezeichnet.
Seit der Existenz der Kastenordnung in Indien beanspruchen die Brahmanen die himmlische und die Kshatriyas die weltliche Macht, keinem aus der Kaste der Vaishyas, Shudras, geschweige der Dalits gelang es bis jetzt, die Würde eines Priesters oder den Thron eines Königs oder Rajas in Indien zu erreichen.
Die in Indien entstandenen Religionen Buddhismus, Jainismus und Sikhismus, die zunächst Reformbewegungen gegen die Übermacht des Kastenwesens waren, und die noch hinzugekommenen Religionen des Islam und des Christentums, die das Kastenwesen strikt ablehnten, mussten sich im Laufe der Zeit – je nach dem sozial gesellschaftlichen Rang ihrer Mitglieder – der bestehenden Kastenordnung anpassen, um überleben zu können.
Die nicht hinduistische Bevölkerung (Moslems, Christen, Sikhs, Jainas, Buddhisten) von ca. 18 % Indiens pflegt mehr oder weniger noch die Normen und Sitten der Kastenhierarchie ihrer jeweiligen hinduistischen Vorfahren.
Auch die moslemischen Herrscher Indiens bedienten sich der dortigen vorhandenen Klassen- und Kastenstruktur. Sie arrangierten sich mit der oberen Kaste, indem sie die Brahmanen als Hofbeamte und die Rajputen als Soldaten und Landadel einsetzten.
Im Gegensatz zu ihren religiösen Vorschriften der Gleichheit unter den Glaubensbrüdern (Umma) teilten sie sie in Ashrafis (Obere) und in Ajlafis (Untere) ein. Zu den Oberen gehörten die Syeds und Shaikhs als Priester und Landbesitzer und die Khans als ihre Kampfgenossen aus Zentralasien. Die in Indien zum Islam konvertierte Bevölkerung, die mehrheitlich aus der unteren Kaste stammte, wurde als Ajlafis, als niederes Volk betrachtet. Sie lebt noch getrennt und begräbt auch ihre Toten auf dem Qabrustan, dem weit weg von den Siedlungen (Basti, Gaon, Tola) der Ashrafis gelegenen Friedhof, pflegt häufig die hinduistischen Gebräuche, lebt und sucht den gesellschaftlichen Rückhalt bei den berufsverwandten Kastenangehörigen der Hindugemeinschaft. Zu den Ajlafis gehören die Julahas (Weber), Dhunia (Bett- und Deckenmacher), Rangrez (Gerber), Churiwala (Gläser), Zariwala (Stricker), Dhobi (Wäscher), Hajam (Barbier), Qasai (Schlachter), Rebari (Kamel- und Schafzüchter), usw. Bis vor kurzem durften auch die Ajlafis keine Moscheen bauen, denn dies war, wie bei den Hindus der Tempelbau, nur den oberen Kasten vorbehalten. Der indische Staat stuft sie als „Backward Castes“ ein 4).
Auch die Briten bauten ihre Herrschaft auf dieser bestehenden Struktur auf. Dazu bemerkte 1930 verbittert Bhimarao Ramji Ambedkar (1891-1956), der erste gebildete Unberührbare und der Hauptarchitekt der indischen Verfassung wie folgt: „Was Sie betrifft, so hat die britische Regierung die Einrichtungen, die sie vorgefunden hat, hingenommen und getreulich beibehalten, genauso wie der chinesische Schneider, der, als man ihm einen alten Mantel als Muster gab, stolz eine genaue Kopie anfertigte, mit Löchern, Flicken und allem. Das an ihnen verbrochene Unrecht ist gleich einer offenen Wunde geblieben und ist nicht wieder gut zu machen...“ 5).
Schwer enttäuscht über die rigide Haltung der damaligen politischen Elite zu der bisherigen Kastenhierarchie trat Ambedkar zusammen mit über 388.000 Unberührbaren 1956 in Nagpur (Maharashtra) zum Buddhismus über.
Das Kastenwesen benutzten auch die Briten zu ihrem Vorteil. Der Gouverneur Thomas Babington Macaulay von Agra (1834-1838) schuf für die Kolonialverwaltung eine Bildungselite in Indien, die „indisch in Blut und Farbe, aber englisch in Geschmack, Auffassung, Moral und Intellekt sein sollte“6).
Da die Briten erst das Gebiet von Bengalen eroberten, errichteten sie zunächst ihre Bildungseinrichtungen in Kalkota und setzten dort die Bengalen als Kolonialbeamten ein. Diese Kompradorklasse, in der Volkssprache Babulog, als Herren mit Macht tituliert, stammte ausschließlich aus der alten und neu geschaffenen Schicht der oberen Kasten.
Auch die von den Briten ausgesuchten Zamindaren (Großgrundbesitzer) und Landesfürsten (Rajas, Maharajas und Nawabs) kamen ausnahmslos aus der Kaste der Rajputen und Khans. Die britische Armee bestand auch aus diesen Volksgruppen. Panikkar beschreibt diese Kolonialpolitik wie folgt: „Die Sikhs, Rajputen und Jats, die Moslems aus Punjab, die Baluchis, Dogras und die anderen bevorzugten Gesellschaftsgruppen wurden zum Hauptrekrutierungsreservoir des britischen Heeres. Die Politik des `Teilens und Herrschens`wurde in diesem Ausmaß nur mit diesen auserwählten Gruppen betrieben, die lange Zeit in dem Glauben gelassen wurden, zu den Günstlingen des britischen Imperiums zu gehören“7).
In diesem Kontext der britischen Politik ist der Ursprung der Kongresspartei (Indian National Congress) zu betrachten. Die Initiative zur Gründung dieser ging von Allan Octavian Hume aus. Er arbeitete in der Kolonialverwaltung, wurde 1882 von den Briten freigestellt, um eine regierungsloyale Partei in Indien zu gründen. Der erste Präsident des Kongresses, Womesh Chunder Bonnerji, beschreibt den Gedanken von Hume wie folgt: „A. O. Hume, C. B., hatte 1884 die Idee, dass es für das Land sehr vorteilhaft wäre, wenn führende Politiker einmal im Jahr zusammengebracht würden, um soziale Angelegenheiten zu diskutieren und miteinander in freundschaftliche Beziehungen zu treten. Er wünschte nicht, dass politische Fragen einen Teil ihrer Diskussion ausmachen sollten...“8).
Zur Eindämmung wachsender Unruhe in der Bevölkerung sah Hume die Aufgabe der Kongresspartei in erster Linie in folgendem:
„Ein Sicherheitsventil zum Auspuff starker und immer wachsender Kräfte, das wir selbst in Gang setzen, war dringend notwendig; kein wirksameres hätte gefunden werden können als unsere Kongressbewegung“ 9).
Die Briten fungierten als Ziehvater der Kongressmitglieder und sahen in ihr einen Alliierten zum Schutze der Privilegien, die sie ihnen verliehen hatten.
Erst unter Führung von Mahatma Gandhi (1869-1948) entwickelte sich der Kongress seit 1915 zu einer Massenbewegung. Dennoch blieb die Mehrheit der Führungselite der Partei weiterhin bestehen aus der oberen Kaste und Klasse Indiens. Über die geschichtliche Rolle des Kongresses schrieb Rajani Palme: „Der doppelte Ursprungscharakter des Nationalkongresses ist für seine ganze weitere Geschichte sehr bedeutungsvoll. Dieser doppelte Faden seiner Funktion und seines Wesens lief durch seine gesamte Geschichte, solange er das Organ der nationalen Bewegung darstellte: auf der einen Seite Kooperation mit dem Imperialismus gegen die Bedrohung durch die Massenbewegung; auf der anderen Seite die Führung der Massen im nationalen Kampf, dieser doppelte Charakter spiegelt die zwiespältige und schillernde Rolle der indischen Bourgeoisie wieder, die im Konflikt mit der britischen steht und das indische Volk anführen möchte, dabei aber befürchtet, dass ein schneller Fortschritt die Privilegien des Imperialismus zerstören könnte“10).
Auch nach der Unabhängigkeit Indiens 1947 änderte sich wenig an dieser Struktur. Das koloniale System von Besitztum, Bürokratie, Militär und Gerichtsbarkeit blieb weiterhin bestehen. „Der neue Staat war also indisch in Farbe, Gestalt und Gebären, aber seine britische Abstammung war nicht zu verleugnen“11).
Die Führung des Kongresses blieb bis zum Jahre 1991 unter der Dynastie von Jawaharlal Nehru (1889-1964). Seine Tochter Indira Gandhi (1917-1984) und sein Enkelkind Rajiv Gandhi (1944-1991) regierten Indien als Ministerpräsidenten/Innen bis zum ihrem Tod bzw. ihrer Ermordung. Zu der Regierungszeit von Rajiv Gandhi (1984-1991) waren fast 40 % der Mitglieder des indischen Parlaments (Lok Sabha) Angehörige höherer Kasten, sie okkupierten etwa 70% der amtlichen Stellen, davon lag der Anteil von Brahmanen bei 38%, wobei deren Anteil an der Gesamtbevölkerung lediglich 5% ausmachte 12).
Infolge des Erwachens von Menschenmassen wie Adivasis (8%), Dalits (10%), unteren Kasten (52%) und Minderheiten (20%), die über 85% der indischen Bevölkerung ausmacht, formierten sich die Hinduradikalen, Arya Samaj (Arischer Verbund), Jan Sangh (Volksbund), Hindumahasabha (Hindugroßverein), Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS, Bund Nationaler Freiwilliger), Vishwa Hindu Prasad (Weltrat der Hindus), Shiv Sena (Armee Shivas) und Bharatiya Janata Partei (BJP) als Hauptsprachrohr dieser Parteien, um die Befreiungsbewegungen im Keim zu ersticken.
Die Führer der Hinduradikalen kamen mehrheitlich aus der Schicht der Brahmanen und Banias (Kaufleute), Babhanlog und Lalaji, die nach der Wiedereinführung der alten Kastenordnung strebten, um ihre politische und ökonomische Macht fortzusetzen. Außerhalb dieser Ordnung stehende Gruppen sollten aus dem Land vertrieben, konvertiert oder an den Hinduismus assimiliert werden. Sie verkündeten die Errichtung eines Gottesstaates, Ram Raj, Hindutva, nach den Normen der alten Herrschaftsideale und Kastenhierarchie 13).
Um die Hindumassen gegen die Nichthindus aufzuhetzen gaben sie solche Parolen aus: „Wir erlauben den Sikhs, Waffen zu tragen, wir gestatten den Moslems, Gelder aus den Golfstaaten zu erhalten, wir lassen zu, dass die Unberührbaren und die Ureinwohner über ein Quotensytem Studienplätze und Stellen im öffentlichen Dienst besetzen können – nur die Hindus bleiben außen vor“14).
Zur Verwirklichung dieser Ziele musste zunächst den Moslems, der größten Minderheit Indiens (12%), das Rückgrat gebrochen werden. Infolge dieser Hetzkampagne erfolgte die Zerstörung der Babri Moschee am 6. Dezember 1990, die vom ersten Mogulnkaiser Babur (1526-1530) in Ayodhya (Uttar Pradesh), angeblich an der Geburtsstelle von Rama (Inkarnation des Gottes Vishnu), errichtet worden war.
Die Zerstörung der Babri Moschee und die daraus resultierenden Unruhen mit ihren schrecklichen menschlichen und ökonomischen Folgen führten eine Bewusstseinsänderung herbei bei dem einfachen Volk, den Hauptleid-tragenden der Auseinandersetzung. Die Adivasis, Dalits und die Angehörigen der unteren Kasten distanzierten sich von solcher Spaltungspolitik der Hinduradikalen. Sie gründeten Parteien für ihre eigenen Kasten- und Volksangehörigen wie Bahu Samaj, Samaj Wadi, Rashtriya Janata Dal, Akali Dal (Nordindien) und Dravidra-Parteien unterschiedlicher Schattierungen in Südindien. Sie gaben bei den Landeswahlen Parolen gegen die oberen Kasten aus wie folgt: Mit meiner Stimme will ich Dich nicht mehr an der Macht halten (Vote hamara, seat tumahra, nahin chalega, nahin chalega" 15).
Die Partei Bahu Samaj von Dalits in Uttar Pradesh ließ überall Plakate ankleben, auf denen stand: Diejenigen, die auf ihrer Stirn religiöse Zeichen tragen (Brahmanen) sowie die, die die Waren abwiegen (Banias) und die Schwertträger (Rajputen) müssen wir vier Mal mit Schuhen schlagen (Tilak, Tarazu, Talwar, unko maro jote chaar).
Infolge der Gründung dieser Parteien ist in der Tat die Macht der bisherigen Herrschenden in Indien sehr geschwächt worden. Heute ist es in Indien nicht mehr möglich, eine Zentral- oder auch eine Landesregierung ohne die Mitbeteiligung dieser Parteien zu bilden. In fast allen Bundesländern sind sie in den Landesparlamenten mehrheitlich vertreten und wählen ihre Kastenangehörigen als Ministerpräsidenten, was vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre.
In dem bevölkerungsreichsten Bundesstaat Uttar Pradesh ist es heute nicht mehr erlaubt, die Strassen- und Toilettenreiniger (Unberührbaren), die Bhangis nach ihrem Beruf zu bezeichnen, wie es früher der Fall war.
Die Bildung, Massenmedien und freie Wahlen trugen entscheidend zur Befreiung der unterdrückten Masse Indiens bei. Auch infolge der Mechanisierung der Landwirtschaft, Industrialisierung, Urbanisierung und der Auswanderung von Millionen Landknechten und Handwerkern in die Städte Indiens brach die herkömmliche Dorfstruktur zusammen, wo das Kastenwesen aufgrund ruraler Arbeitsteilung und des Glaubens an das prädestinierte Karma funktionierte. In den Dörfern kannte man sie als Bhangi, Chamar, Dhobi, Dom, Nai, usw. Aber in der anonymen Gesellschaft der Städte kannte man sie nicht mehr als solche. Die Arbeiter (Mazdoor) und die Handwerker (Kariger) fanden vielfach Beschäftigungsmöglichkeiten in den entstandenen Megastädten. Millionen von ihnen gingen auch als gelernte und ungelernte Kräfte in die Petrodollar-Länder des mittleren Ostens. Dies alles trug dazu bei, dass sie sich von ihren alten Herren und Strukturen befreiten. Sie sind jetzt gut politisch und gewerkschaftlich organisiert, bauen ihre eigenen Bildungseinrichtungen, Verbände, Tempel und Moscheen auf und legen sich Namen und Nachnamen der oberen Kasten zu. Aufgrund der Stellenreservierung begegnet man ihnen häufig in den höheren Ämtern des öffentlichen Dienstes. Dadurch, dass sie nun in die legislativen und exekutiven Organe des indischen Staates emporgestiegen sind, haben sie sich in der Gesellschaft Respekt und Autorität verschafft.
Wie die bisherige Entwicklung zeigt, hat die obere Kaste bis jetzt sehr viel an Macht und Einfluss verloren. Dies ist der demokratischen Verfassung, den freien Wahlen und der industriellen Entwicklung zu verdanken. Auch haben sich die vielen indischen Intellektuellen und Politiker der oberen Kaste massiv für die Gleichstellung der Menschen eingesetzt. Außerdem ist es im modernen Zeitalter nicht mehr möglich, eine solche menschenverachtende Kastenhierarchie aufrechtzuerhalten.
Dennoch muss gesagt werden, dass die Kaste der Brahmanen weiterhin eine hervorgehobene Rolle im sakralen Bereich spielen wird. Bekanntlich ist Indien ein sehr religiöses Land und die Priester besitzen eine absolute Monopolstellung über die religiösen Zeremonien von der Wiege bis zu Bahre, die vom Volk noch aufrechterhalten werden, durch den zunehmenden Wohlstand der unteren Klasse noch vermehrt. Die Anzahl der religiösen Zeremonien, wozu die Priester benötigt werden, hat zugenommen. Die Angehörigen der anderen oberen Kaste wie Rajputen und Kayasht (Schreiberkaste) verfügen über mehr Bildung als die anderen. So wird sie sowohl in privaten als auch im öffentlichen Sektor immer präsent sein, wenn auch aufgrund der vielfachen Konkurrenz und Stellenkontingentierung viel weniger als früher.
Also ist anzunehmen, dass mit der fortschreitenden Industrialisierung, Urbanisierung und Aufklärung der Massen das Kastenwesen seine traditionelle Bedeutung und Rolle in der zukünftigen indischen Gesellschaft an Bedeutung verlieren wird.
Literatur:
- Marx, Karl. Das Kapital. Bd. 1. Marx Engels Werke 23(1962). S. 379
- Glasenapp, Helmut von. Der Hinduismus. München 1922
- Walter, Benjamin. An Encyclopedic Survey of Hinduism. London 1968
- Kaifi, A. Khaliq. Wider den Geist. Die Kasten- und Klassenstruktur Indiens. Bibliotheks- und Informationssystem der Universität Oldenburg. 1996. S.159ff
- Ambedkar, Bhimarao Ramji. Präsidialadresse an den allindischen Kongreß der niederen Kaste. August 1930
- Extracts from Macaulay´s Minute on Education 1835. In: Edwardes, Michael. British India 1772-1947. London 1947. S. 126
- Panikkar, Kavalram Madhava. Asia and Western Dominance. A Survey of the Vasco Da Gama Epoch of Asian History 1498-1945. London 1953. S. 155
- Indian Politics. With an Introduction by Womesh Chunder Bonnerjee. Madras 1898. S. V1
- Wedderburn, William. Allan Octavian Hume. „Father of the Indian National Congress“ 1829 to 1912. London 1913. S. 77
- Dutt, Rajani Palme. Indien Heute. Berlin 1951. S. 336
- Ali, Tariq. Die Nehrus und die Gandhis. Frankfurt/M., 1985. S. 95
- Mc. Donald, Hamish. Traditional Hierarchies at Stake in New Elections. In. Far Eastern Economic Review. Hongkong. 2. Mai 1991. S.21ff
- Leiten, G. K., On Casteism and Communalism in Uttar Pradesh. In:Economic and Political Weekly. 29 (14 ). 1994. S. 21ff
- Kothari, Rajini. Class and Communalism in India. In: Economic and Political Weekly. 23 (49 ). 1988. S. 259
- Balagopal. K., Andhra Elections. In: Economic and Political Weekly 30 (3 ). 1995. S. 137
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