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FILM IN INDIEN und BOLLYWOOD
Wenn man vom Film in Indien spricht, dann denkt man gewöhnlich an Hindifilme aus Bollywood. Der Name als solcher geht auf die siebziger Jahre zurück, da Bollywood seit dieser Zeit mehr Filme produziert als Hollywood.
Zur Zeit werden in Indien jährlich über 850 Filme gedreht, also mehr als in Hollywood und Japan zusammen. Dabei ist es interessant zu wissen, dass lediglich ein Drittel davon, ca. 250, in der Hindisprache produziert werden. Zwei Drittel von ihnen kommen aus Tamil Nadu ( ca. 160), Andhra Pradesh (145), Kerala (90), Karnataka (80), West Bengal (45), Gujarat (30), Maharashtra (25), usw., und zwar in der jeweiligen Landessprache. Darüber hinaus werden circa zehn Filme jährlich in englischer Sprache gedreht. Die rasante Entwicklung der Filmindustrie in Indien geht darauf zurück, dass nirgendwo so viele Filme gesehen werden wie dort. Der Film ist bei weitem das einzige Vergnügungsmittel für das Volk und verbindet auch kulturell die Menschen des indischen Subkontinents sowohl in Indien als auch im Ausland. Allein 16 Millionen Menschen in Indien besuchen täglich das Kino, durchschnittlich jeder fast sechs Mal im Jahr. Die Deutschen dagegen gehen nur zwei bis Mal pro Jahr ins Kino. .
Stummfilme
Die Brüder Auguste Lumière (1862-1954) und Louis Lumière (1864-1948) aus Frankreich schufen gemeinsam eine bahnbrechende Neuerung auf dem Gebiet der Photographie und führten 1895 die Technik des beweglichen Films ein. Sehr kurz nach dieser Erfindung kamen Vertreter von Lumière nach Bombay und zeigten am 7. Juli 1896 im Watson Hotel den Diafilm „Arrivée du Train“.
Andere in Frankreich hergestellte Stummfilme wie „Jeanne d’Arc“ (1899), „Alladin ou la Lampe Merveilleuse“ (1906), „Le Voyage à la Lune“ (1908) kamen auch nach Indien und wurden zuerst in den damaligen Theaterhallen (Natakghar) von Bombay und Kalkutta gezeigt.
Schon zu dieser Zeit lernten die Inder die Kunst der Photographie kennen und filmten gemeinsam mit den Engländern im Red Fort von Delhi 1903 die Dokumentarfilme über Lord Curzon, den Vizekönig von Indien (1899-1905) und in Delhi und Kalkutta über die Krönung von König George V, den Kaiser Indiens von 1911-12.
Als erster Inder drehte Dadasaheb Phalke (1870-1944) aus Nasik einen Stummfilm von einer Länge von 3700 Fuß und einer Spielzeit von 90 Minuten, der am 3. Mai. 1913 im Coronation Theater von Bombay gezeigt wurde und dort über 23 Tage lief. Dieser besuchte auch die Filmstudios in London und brachte von dort neue Techniken mit nach Indien. Er drehte u. a. die Filme „ Shri Krishna Janam“ 1918 (Lord Krishnas Geburt) und „Kalia Mardan“ 1919 (Die Tötung der Dämonenschlange „Kalia“ durch Krishna während seiner Kindheit). Er war beim Volk sehr beliebt, da er in seinen Filmen die Geschichten und Mythen von Göttern und Dämonen wiedererweckte. Dadasaheb Phalke wird als „Vater des indischen Films“ bezeichnet. Die höchste Auszeichnung des indischen Staates, die seit 1969 jährlich an einheimische Filmkünstler verliehen wird, die „Dadasaheb Phalke Award“, ist nach ihm benannt.
Also ist die Geschichte des indischen Films beinahe so alt wie die des europäischen. Bis zum Jahre 1937 wurden insgesamt 1300 Filme in den damaligen Studios von Bombay – sie hießen Talkies, Imperial, Madan, Minerva, Prabhat, Sagar und Wadia - gedreht, also viel mehr als in Großbritannien. Zu den Pionieren der Studiogründer gehören Produzenten wie Himansu Rai (1892-1940) und Sohrab Modi (1897-1984), die ihre Studios nach dem Muster von Hollywood jeweils 1934 und 1936 schufen, und Schaupieler/Innen wie Prithviraj Kapoor (1906-1972), Jagdish Sethi, Mubarak, Madhuri und Zubeida vertraglich beschäftigten, die ursprünglich aus den Volkstheater stammten und die noch heute in Indien als die größten Künstler verehrt werden.
Zu den Anfängen der Filmgeschichte Indiens gehören auch die Deutschen Franz Osten (1876-1956), Josef Wirsching und Carl von Spreti, die sich jeweils für mehrere Jahre als Regisseur, Photograph und Bühnengestalter in Indien aufhielten. Der Stummfilm „Light of Asia“ (Leben des Buddha) wurde 1925 von Franz Osten teilweise im Studio „Bombay Talkies“ und im „Emelka Studio“ in Deutschland gedreht.
Zu den bekanntesten Stummfilmen gehören Alibaba, Alladin, Anarkali, Baccha Sakka und Kohinoor. Sie wurden in maximal zehn Tagen fertig gestellt, die teuersten Künstler erhielten monatlich ein Gehalt von 5.000 Rupien.
Von den insgesamt über 1300 Stummfilmen, die in Indien gedreht wurden, sind leider nur 15 erhalten geblieben.
Tonfilme
1930 begann die Ära der Tonfilme in Indien. Ardeshir Irani (1886-1969), auch Produzent zahlreicher Stummfilme, drehte als erster den Tonfilm „Alam Ara“ (Licht der Welt) und zeigte ihn am 14. März 1931 im „Bombay Majestic Theater“. Der Film hatte eine Länge von 10.500 Fuß, die Herstellungskosten betrugen 40.000 Rupien. In diesem Film wurden zum ersten Mal 13 Lieder gesungen. Seitdem ist der Gesang ein unverzichtbarer Bestandteil der indischen Filme geblieben.
Ardeshir Irani, ein Parse aus Bombay und Zarathustra Anhänger, drehte mehrere Filme mit altiranischen Themen wie z. B. „Dukhtar-e-Noor“1933 und “Firdausi und Shirin“ 1934 in persischer Sprache. Wegen seiner Pionierleistung auf dem Gebiet des Tonfilms wird er als „Grand Old Man of Indian Cinema“ bezeichnet. Die Entwicklung der indischen Filmindustrie ist größtenteils den Parsen Sohrab Modi, Ardeshar Irani und anderen zeitgenössischen Parsen zu verdanken. Diese führten das altindische Theater (Natak) in Bombay fort und drehten dort u. a. die Helden-, Königs- und Liebesgeschichten von Altpersien wie Shirin und Farhad (Liebesgeschichte), Nausherwan-i- Adil (gerechter König), Rustum (Held) in der
1931 drehte man auch in Bengalen mehrere Tonfilme im “ Madan Theatre“ am Stadtrand von Kalkutta in Tollygung, daher nannte man den Ort zeitweilig in der Urdusprache. auch „Tollywood“.
Damals drehte man in Bombay die Filme in südindischen Sprachen, wie „Kalidas“von H. M. Reddy in Tamil und „Bhakata Prahlada“ in Telegu. Kerala gründete 1946 ein eigenes Studio, das berühmte „Udaya Studio“, in dem der Regisseur S. S. Vasan 1948 den Film „Chandralekha“ drehte, der auf den Leinwänden von ganz Indien zu sehen war.
Themen
Die Themen der indischen Filme werden vorwiegend aus den Mythen und Legenden der altindischen Epen Mahabharata und Ramayana sowie aus den persisch-arabischen Erzählungen wie Tausendundeinenacht genommen. Die einzelne Thematik basiert nicht ausschließlich auf einem Genre wie Krimi, Wild West oder Liebe wie in einem westlichen Film. Ein normaler indischer Film, der bis zu drei Stunden oder länger dauert, beinhaltet etwas von alledem. Die Handlung dreht sich gewöhnlich um eine Familie, von der Wiege bis zu Bahre. Die Kinobesucher werden in eine Traumwelt geführt.
Es werden zwei Kategorien von Charakteren dargestellt, die Guten und die Bösen. Der erste ist immer charmant und heldenhaft wie Rama, der zweite ist hässlich und hinterhältig wie Ravana, in den Epen Ramayana. Die Rollen stehen nach altindischer Wertvorstellung fest, der Vater als Patriarch, streng und verantwortungsvoll, die Mutter gutmütig und opferbereit. Die Frau bleibt immer treu wie Sita zu Ram. Die Hauptdarstellerin soll hübsch, fügsam, opferbereit und unberührt sein, eine kämpferische und selbständige Frau wird nicht gewünscht. Als treue Ergebene des Filmhelden wartet sie geduldig auf den Tag der Vermählung, die Liebe zwischen den beiden findet nur über heimliche verführerische Blicke und über die Botschaften der Liebeslieder statt.. Der enttäuschte Liebhaber findet seinen Halt zeitweilig bei einer schönen kultivierten käuflichen „Tawaif“, die ihn mit Gesang und Tanz (Mujra) und Wein (Sharab) verwöhnt. Die Zuschauer sehen gerne die Machenschaften von Geistern (Dämon, Bhut, Malach, Jin, Satan), die den Körper eines Familienmitgliedes in Besitz nehmen und quälen. Schließlich findet die Befreiung durch Hexentreiber, Heilige der Hindus (Gurus ) oder Moslems (Pirs) statt, oder der Gequälte findet in den Armen der Heiligen den ersehnten Tod (Nirvana, Jannat). Indische Filme sind auch fast undenkbar ohne die Präsenz eines Bösewichts (Villian), der die angehende Braut vergewaltigt und die Liebenden durch seine Missetaten auseinander treibt. Außerdem wird dem Publikum gerne ein Komiker, ein körperlich deformierter Geldverleiher (Bania, Mahajan, Ojha) oder ein Steuereintreiber (Munimji, Munshi) mit zerbrochener Brille auf der Nase präsentiert. Die entsprechenden Darsteller Pran (geb. 1920), als Bösewicht und ,Johnny Walker (Geburtsname: Badruddin Jamuluddin Kazi, geb. 1925) als Komiker spielten jeweils in über 400 und 300 Bollywoodfilmen, wahrscheinlich begab sich kein Schauspieler der Welt so häufig in solche Rollen.
Bei der Beschreibung der Inhalte der Filme muss hier mit Nachdruck betont werden, dass sie stark zur Herstellung der Harmonie zwischen Hindus und Moslems in Indien beitragen haben.
Gesang, Gedichte und Künstler
Die Musik ist die Seele der indischen Filme. Nach europäischen Kriterien können die indischen Filme als „Musicals“ bezeichnet werden. Auch die Stummfilme bestanden vielfach aus Liedern und Musik, die im Hintergrund auf Harmonium, Sarangi und Tabla gespielt wurde. Alam Ara hatte mehr als 13 Lieder, Indra Sabha sogar über 40.
Die ersten Tonfilme übernahmen diese Tradition, die Filme der vierziger Jahre wie Kismet, Laila Majnu und Shakuntala hatten jeweils 18, 22 und 41 Lieder. Filmgesang und Filmmusik gehen auf die uralte Tradition von Bhajan, Ramlila, Raslila, Raga, Dhrupad, Khayal, Ghazal, Qawwali, usw. zurück. Die Texte der heutigen Filmlieder, die sog. „Hindi-Geet“, sind aus einer Mischung der Hindi- und Urdusprache entstanden. Sie sind sehr beliebt und werden auch in Südindien verstanden und gesungen. Die Lieder aus Bollywood trugen entscheidend zur Verbreitung dieser Sprachen auf nationaler Ebene bei. Die Lieder stellen eine wesentliche Einnahmequelle für die Filmproduzenten dar. Die Filme aus Bollywood erzielen mehr als 20% ihrer Einnahmen aus dem Verkauf der Musikrechte. Schon lange bevor der Film läuft, kommt die Musik auf den Weltmarkt, dadurch wird die Masse für den Film gewonnen.
Zu den großen Stumm- und Tonfilmsängern/Innen der Anfangszeit gehören Jaddanbai (Mutter der Schaupielerin Nargis), Begum Akhtar, Mallika Begum, Saigal (Kundan Lal Saigal, 1904-46),der bekannteste Ragasänger, und Punkaj Mullick (1905-78), Suraiya (geb. 1929), Shamshad Begum und Noorjehan (1929-2000, „Königin der Stimme“ genannt), die auch in den damaligen Filmen mitspielten. Seit den vierziger Jahren dominierten Playbacksänger/Innen die Filme wie Suriya (geb. 1929), vor allem Rafi Mohammad (1924-80), Mukesh (Mukesh Chand Mathur, 1923-76), Talat Mahmood, Kishore Kumar (1929-87) und die Sängerinnen Lata Mangeshkar (geb. 1929) und ihre Schwester Asha Bhosle (geb. 1933). Lata Mangeshkar und Rafi Mohammad sangen in Playback die meisten Lieder in den Bollywoodfilmen, keiner auf der Welt hat so viel gesungen wie die beiden.
Die bekanntesten Liederschreiber (Ghazalschreiber) der Filmindustrie sind: Aga Hashr Kashmeri, Hasrat Jaipuri (1918-1999), Javeed Akhtar (geb. 1945), Jigar Moradabadi, Kaifi Azmi ( 1925-2001), Majrooh Sultanpuri ( 1919-2000), Sahir Ludhianwi (1921-1980) und Shakeel Badayuni (1917-1970). Ihre Lieder werden heute noch weltweit in Millionen- auflagen verkauft.
Aufgrund der immensen Bedeutung der Lieder haben die bekannten indischen Filme immer einen Musikdirektor, unter ihnen Naushad Ali (geb. 1919), Rahul Dev Burman (1939-94), Sachin Dev Burman (1906-75), Anil Biswas ( geb. 1914), Madan Mohan (Madan Mohan Kohli, (1924-75) und A. R. Rahman (Allah Rakha Rahman, geb. 1966).
Von einigen Ausnahmen abgesehen sind die Drehbuchautoren bei den Zuschauern kaum bekannt, daher spielen sie im Vergleich zu den Gedichtsschreibern und Musikdirektoren eine sekundäre Rolle bei der Gestaltung des Films. Es sind primär die Filmregisseure, die die Inhalte des Drehbuches vorgeben.
Der Tanz im Film hat wenig gemeinsam mit den klassischen Tänzen wie Bharatanatyam, Kathak oder Kathakali, er besteht hauptsächlich aus einer Mischung von modernem europäischen und indischen Volkstanz, der mit erotischen Bewegungen und Kostümen gestaltet wird, was bei den Zuschauern sehr gut ankommt. Die Tänzerin Helen (geb. 1939, ihr Vater war Franzose) dominierte jahrelang die indische Filmbühne, sie wird in Indien als „Golden Girl“ bezeichnet.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass die indische Filmindustrie wegen ihrer vielfältigen Leistung sehr früh in der Welt bekannt wurde. Schon 1934 zeigte Indien den Film „Sita“ auf dem Film- festival von Venedig. „Neecha Nagar“(Verachtetes Land) von Chetan Anand (1915-97), „Do Bigha Zameen“ (Zwei Hektar Land) von Bimal Roy (1909-66) und „Pather Pancheli“ (Wegebeschreibung) von Satyajit Ray (1921-93) gewannen jeweils 1946, 1954 und 1956 beim Filmfestival von Cannes bedeutende Preise, der letzte als „Prix du document humaine“. Dieser Film lief 226 Tage in einem Kino von New York, und brach damit den Laufzeitrekord für einen Film innerhalb von dreißig Jahren.
Filmentwicklung nach 1950
Gewöhnlich teilt man die indischen Filme dieses Zeitraums in drei Epochen. Die Epoche nach der Unabhängigkeit, die Zeit zwischen den sechziger und achtziger Jahren und schließlich die Periode der Globalisierung.
In der fünfziger Jahren bzw.nach der Unabhängigkeit Indiens 1947 erfuhr die Filmindustrie eine große Veränderung. Während des zweiten Weltkrieges horteten die Kriegsgewinner eine Menge Schwarzgeld, das sie in Bollywood investierten. Demzufolge brach das alte Studiosystem zusammen, das bisher die Künstler unter Arbeitsvertrag hielt. Die Filmemacher gründeten ihre eigenen Produktionsstätten, die Schauspieler wurden zu freien Mitarbeitern und verlangten hohe Gagen. Die Unabhängigkeit verschaffte der Filmindustrie neuen Auftrieb, da es ihr während der britischen Herrschaft nicht erlaubt gewesen war, politische Filme zu drehen. Die Teilung von Bengalen und Punjab in Indien und Pakistan schwächte die Filmindustrie von Kalkutta und Lahore, zahlreiche Künstler kamen nach Bollywood und gaben dort neue Impulse. Auch die sozialistische Regierung unter dem Ministerpräsidenten Jawaharlal Nehru (1947-1964) eröffnete den Weg zur progressiven Filmen. Es kam zu Gründungen von fortschrittlichen Arbeitsgemeinschaften der Filmkünstler wie „Indian People’s Theatre Association“ (IPTA), die auch von der kommunistischen Partei Indiens (CPI) unterstützt wurde. Die wichtigsten Filmemacher und Künstler, die aus dieser Bewegung hervorgingen, waren Khawaja Ahmad Abbas ( 1914-87), Mrinal Sen (geb. 1923) Balraj Sahani (1913-73), und die aus Kerala stammenden Regisseure P. Bhaskaran und Ramu Kariat. Bedeutende progressive Filme der damaligen Zeit waren „Dharti ke Lal“ 1946 (Söhne der Erde) von Khwaja Ahmad Abbas (1914-87), „Do Bigha Zameen“ 1953 von Bimal Roy (1909-66) , „Kagaz ke Phol“ 1959 (Blumen aus Papier) von Guru Dutt (1925-64), Filme aus Kalkutta wie „Chinnamul“ 1950 (Die Entwurzelten) und „Nagarik“ 1952 (Der Bürger), „Pather Panchali“ 1955 von Satyajit Ray (1921-93) sowie aus Kerala „ Nilgalenne Communistaki“ 1952 (Du hast einen Kommunisten aus mir gemacht) und „Neela Koel“ 1954 (Blaue Nachtigall). Im Kontrast zu den alten Filmen kritisierten diese die gesellschafts- politische Struktur Indiens und propagierten den Aufbau eines demokratisch säkularen Staates. Zu diesen Filmen gehörte auch der Monumentalfilm „Mother India“ 1958 von Mehboob Khan (1906-64), ein Film über die Vision des Nehru-Sozialismus, der auf den altindischen Prinzipien von Opfer, Gewaltlosigkeit und Mutter-Erde-Mythos aufbaute.
Typische Kinohelden der fünfziger und sechziger Jahre sind z. B.: Ashok Kumar (1911-2001), Raj Kapoor (1924-88), Dilip Kumar (Yusuf Khan, geb.1922) und Dev Anand (geb. 1923). Der älteste unter ihnen arbeitete seit 1936 als Schauspieler in über 104 Filmen, wurde berühmt durch die Filme „Naya Sansar“ 1941 (Neue Welt), „Kismet“ 1944 (Schicksal), „Chitralekha“ 1964 (Geschichte einer Frau), „Pakeeza“ 1971 (Kurtisane aus Lucknow). Raj Kapoor begann seine Filmkarriere 1935, spielte in 62 Filmen. In seinen Filmen wie “Awara“ (Vagabund) 1951, „Shri 420“(Sanfte Betrüger) und „ Prinz von Piplinagar“,1955, übernahm er immer wieder die Rolle eines herumziehenden Vagabundes mit Charme und Humor. Die Lieder „Mera jota hai Japani, dil hai magar Hindustani“ (Meine Schuhe sind aus Japan, aber mein Herz ist indisch ) in „Shri 420“ und „Awara hoon, Awara hoon“ (Ich bin ein Vagabund) aus „Awara“ gehören immer noch zu den Kultliedern Indiens. Dilip Kumar (Jusuf Khan, geb. 1922) wurde berühmt durch die Filme „Devdas“ 1955 (eine tragische Liebesgeschichte, in vielen Versionen verfilmt) und „Mughal-e-Azam“ 1960 (Großmogul), ein Film, der als „König der Tragödie“ bezeichnet wird. Dev Anand (geb. 1923) zählte zur Gruppe der progressiven Schriftsteller und Schauspieler und wurde als „romantischer Darsteller“ bezeichnet..
Zu den großen Schauspielerinnen dieser Epoche zählen: Nargis (Fatima Rashid, 1929-81), Suraiya (Suraiya Jamal, geb. 1929), Madhubala (Mumtaz Jehan, 1933-69) und Meena Kumari (Mahajabeen, 1933-72). Nargis spielte in „Romeo und Juliet“ 1948, „Awara“ 1951, „Shri 420“, „Mother India“ 1954, Suriya in „Amar Kahani“ 1949 (Unsterbliche Geschichte), „Mirza Ghalib“1955 (Ein Dichter im 18. Jahrhundert), Madhubala in „ Mughal-e-Azam“ 1961 und Meena Kumari in „Do Bigha Zameen“ 1953, und „Pakeeza“1962 (Kurtisanen aus Lucknow).
Die Ära der siebziger Jahre zeigte eine grundlegende Änderung im Bollywood. Um diese Zeit vollzog sich die Urbanisierung Indiens, die bisherige rurale Bevölkerung wanderte in die Städte ab, lebte dort in erbärmlichen Verhältnissen und sehnte sich nach Wegbereitern zur Änderung ihrer Lebenslage. Die alten Schauspieler, die Moralprediger und Erhalter der bisherigen Gesellschaftsordnung wurden über Nacht abgelöst. In „Angry Young Man“ erschien auf der Leinwand Amitabh Bachchan (geb. 1942)). Er wurde als „Rebell und Einzelkämpfer“ gegen eine heuchlerische korrupte Gesellschaft präsentiert, der bereit war, die bisherigen Normen auch mit Gewalt zu ändern. Er spielte in den Filmen wie „Zanjeer“ 1973 (Fesseln ) „Deewar“ 1975 (Mauer), „Sholey“ 1975 (Glut), „Muqaddar ka Sikandar“ 1979 (Meister des Schicksals), die damals von den jungen Filmregisseuren Yash Chopra, Prakash Mehra und Ramesh Sippy gedreht worden. Das mutige Auftreten von Amitabh Bachchan gegen die Oberen begeisterte die Masse, er wurde als Symbol des Widerstands wie eine Ikone gefeiert. Als er während der Dreharbeiten zum Film „Coolie“ 1983 verletzt wurde und ins Krankenhaus kam, betete ganz Indien für seine Genesung und alle Nachrichtenmedien befassten sich an erster Stelle mit ihm. Er enttäuschte das indische Volk sehr als er 1984 als Freund von Rajiv Gandhi für die Kongresspartei kandidierte. Daraufhin verabschiedete er sich von der Politik, erfreut sich aber immer noch großer Beliebtheit. Er hat bis jetzt in fast 120 Filmen mitgespielt.
Infolge der Globalisierung und fortschreitender Industrialisierung entstand in Indien eine Mittelschicht (über 200 Millionen z. Zt.), die über Wohlstand und Bildung verfügte und dementsprechend Anforderungen an die Filme stellte. So verbesserte sich zunehmend die Filmqualität. Aber auch aus anderen Gründen stieg die Anzahl der Bollywoodfilme rasant an. Zur Zeit leben über 40 Millionen Menschen des indischen Subkontinents, einschließlich Pakistan und Bangladesh, im Ausland, die zu den festen Kunden der indischen Filme zählen. Auch die Inder der zweiten und dritten Generation im Ausland sehen gerne die Bollywoodfilme. Wegen der kulturellen Nähe werden die indischen Filme in Südost -, Fern - und Zentralasien, im Mittleren Osten, in Afrika, der Türkei und Russland gesehen. Es ist zu beobachten, dass in den letzten Jahren die Hollywoodfilme von den Asiaten und Afrikanern wohl aus politischen Gründen weniger gesehen werden. Hinzu kommt, dass die Filme aus Hollywood nicht mehr so sind wie sie einmal waren. Diese Lücke wird von den indischen Filmen gefüllt.
Die Filme aus Indien stellen die Familie, die Liebe und den Kollektivismus in den Mittelpunkt, halten grenzenlose Freiheit und freien Sex für verpönt, heizen ihr Publikum mit romantischem Gesang und Tanz an, erzeugen gute Stimmung für die Zukunft, sind also Filme für die ganze Familie. Danach sehnen sich wahrscheinlich viele Menschen in den überzivilisierten Gesellschaften. Filme dieser Art wie „Kabhi Khush Kabhi Gham“ (Manchmal glücklich, manchmal Traurig), „Laagan“ (Vermählung), „Monsoon Wedding“, „Asoka“,usw. wurden in den deutschen Kinos und Fernsehenanstalten von RTL2 und Pro7 gezeigt, fast vier Millionen sahen diese bis zur Mitte des Jahres 2005.
Im Juli 2004 wurde in Stuttgart ein Filmfestival „Bollywood & Beyond“ organisiert und dort wurden 36 Spiel- und Dokumentarfilme aus Indien gezeigt.
Bollywood dreht heute auch Filme in Österreich und der Schweiz, um das indische und internationale Publikum mit dem Gebirgsflair zu verzaubern.
Zu den Filmkünstlern der neuen Zeit muss gesagt werden, dass sie, im Gegensatz zu den früheren Darstellern, die für das Spielen bestimmter Rollen nach altindischer Tradition bekannt waren, heute untereinander austauschbar sind und vielfach ihren Platz durch amouröses Auftreten und aufgepäppeltes Aussehen behaupten.
Die Schauspielerinnen, die heute an der Spitze stehen, sind: Aishwarya Rai, Karisma Kapur, Madhuri Dixit und Preity Zinta, die im Gegensatz zu den früheren Schauspielerinnen die Kunst der modernen Tänze gut beherrschen und die Zuschauer weltweit begeistern. Bei den männlichen Schauspielern ist es vor allem das „Khan Triumvirat“ Shah Rukh Khan (geb.1965), Aamir Khan (geb. 1965) und Salman Khan (geb. 1972), das z. Zt. die Filmlandschaft dominiert. Der erste von ihnen wird in Indien als „Gott in Menschengestalt“ verehrt, er erhält eine Gage von mindestens einer Million Euro pro Film. Die Khans sind in Deutschland durch ihre oben erwähnten Filme „Kabhi Kush Kabhi Gham“ und „Laagan“ bekannt geworden. Zum ersten Mal in der Filmgeschichte Indiens ist von Aamir Khan der Film „Mutiny“(Meuterei) sowohl in englischer als auch in indischer Sprache gleichzeitig gedreht worden und seit dem 12. August 2005 in Kinos in Indien und Großbritannien gezeigt worden. Der Film erzählt die Geschichte von „Mangal Pandey“, der 1857 in Delhi Anführer des großen Aufstandes gegen die East India Company war. Dieser Film ist im Hinblick auf das Publikum der Englisch sprechenden Länder mit einem Aufwand von zehn Millionen Dollar produziert worden, der bisher teuerste Film Indiens. Es zeigt sich, dass Bollywood heute in der Lage ist, die Produktion solcher Mammutfilme zu finanzieren und auf dem internationalen Markt mit Hollywood zu konkurrieren.
Die Khans, Mira Nair (bekannt durch „Monsoon Wedding“), Shekhar Kapur („Bandit Queen“, die Geschichte einer vogelfreien Banditin, die zur Politikerin wurde), Deepa Mehta („Paani“ Wasser , Film über das Leben gestrandeter Witwen in Benares), Yash Chopra „Deewar“(Die Mauer) sind seit längerer Zeit ständig unterwegs, um ihren Anteil auf dem europäischen Filmmarkt zu erhöhen. Demzufolge sahen bereits 2004 etwa 3,6 Milliarden Menschen weltweit indische Filme, Hollywood muss sich mit einer Milliarde weniger Zuschauer begnügen. Es wird geschätzt, dass die Bollywoodfilme bereits ein Viertel ihres Umsatzes, ca. 125 Millionen Dollar, im Ausland erzielen, und es ist nach der bisherigen Entwicklung davon auszugehen, dass dieser Anteil noch zunehmen wird.
Auserwählte Literatur:
“Bollywood and Beyond” in Germany. In: India Perspectives. Hrsg. Ministry of External Affairs. Oktober 2004. New Delhi. S. 18f
Britannica Encyclopaedia of Hindi Cinema. New Delhi 2003.
Malhotra, B. M., Ardeshir Irani. Father of India`s Talkies. In: India Perspectives. April 2004. New Delhi. S. 19f
Malhotra, B. M., Dadasaheb Phalke. The Father of Indian Cinema. In: India Perspectives. March 2004. New Delhi. S. 20f
Rajadhakha, Ashish. Indien: Bilder der Nation. In: Geschichte des internationalen Films. Stuttgart 1998. S. 639f
Schulze, Brigitte. Die Erfindung der geeinten Nation. Der indische Film. In: Mythen der Nationen: Völker im Film. München 1998. S. 113f
Thompson, Kristin. Film History. New York 1994. S. 285f
Wunderland Bollywood. Text Suketu Mehta. In: National Geographic Deutschland. August 2005. S. 90f
Wenn man vom Film in Indien spricht, dann denkt man gewöhnlich an Hindifilme aus Bollywood. Der Name als solcher geht auf die siebziger Jahre zurück, da Bollywood seit dieser Zeit mehr Filme produziert als Hollywood.
Zur Zeit werden in Indien jährlich über 850 Filme gedreht, also mehr als in Hollywood und Japan zusammen. Dabei ist es interessant zu wissen, dass lediglich ein Drittel davon, ca. 250, in der Hindisprache produziert werden. Zwei Drittel von ihnen kommen aus Tamil Nadu ( ca. 160), Andhra Pradesh (145), Kerala (90), Karnataka (80), West Bengal (45), Gujarat (30), Maharashtra (25), usw., und zwar in der jeweiligen Landessprache. Darüber hinaus werden circa zehn Filme jährlich in englischer Sprache gedreht. Die rasante Entwicklung der Filmindustrie in Indien geht darauf zurück, dass nirgendwo so viele Filme gesehen werden wie dort. Der Film ist bei weitem das einzige Vergnügungsmittel für das Volk und verbindet auch kulturell die Menschen des indischen Subkontinents sowohl in Indien als auch im Ausland. Allein 16 Millionen Menschen in Indien besuchen täglich das Kino, durchschnittlich jeder fast sechs Mal im Jahr. Die Deutschen dagegen gehen nur zwei bis Mal pro Jahr ins Kino. .
Stummfilme
Die Brüder Auguste Lumière (1862-1954) und Louis Lumière (1864-1948) aus Frankreich schufen gemeinsam eine bahnbrechende Neuerung auf dem Gebiet der Photographie und führten 1895 die Technik des beweglichen Films ein. Sehr kurz nach dieser Erfindung kamen Vertreter von Lumière nach Bombay und zeigten am 7. Juli 1896 im Watson Hotel den Diafilm „Arrivée du Train“.
Andere in Frankreich hergestellte Stummfilme wie „Jeanne d’Arc“ (1899), „Alladin ou la Lampe Merveilleuse“ (1906), „Le Voyage à la Lune“ (1908) kamen auch nach Indien und wurden zuerst in den damaligen Theaterhallen (Natakghar) von Bombay und Kalkutta gezeigt.
Schon zu dieser Zeit lernten die Inder die Kunst der Photographie kennen und filmten gemeinsam mit den Engländern im Red Fort von Delhi 1903 die Dokumentarfilme über Lord Curzon, den Vizekönig von Indien (1899-1905) und in Delhi und Kalkutta über die Krönung von König George V, den Kaiser Indiens von 1911-12.
Als erster Inder drehte Dadasaheb Phalke (1870-1944) aus Nasik einen Stummfilm von einer Länge von 3700 Fuß und einer Spielzeit von 90 Minuten, der am 3. Mai. 1913 im Coronation Theater von Bombay gezeigt wurde und dort über 23 Tage lief. Dieser besuchte auch die Filmstudios in London und brachte von dort neue Techniken mit nach Indien. Er drehte u. a. die Filme „ Shri Krishna Janam“ 1918 (Lord Krishnas Geburt) und „Kalia Mardan“ 1919 (Die Tötung der Dämonenschlange „Kalia“ durch Krishna während seiner Kindheit). Er war beim Volk sehr beliebt, da er in seinen Filmen die Geschichten und Mythen von Göttern und Dämonen wiedererweckte. Dadasaheb Phalke wird als „Vater des indischen Films“ bezeichnet. Die höchste Auszeichnung des indischen Staates, die seit 1969 jährlich an einheimische Filmkünstler verliehen wird, die „Dadasaheb Phalke Award“, ist nach ihm benannt.
Also ist die Geschichte des indischen Films beinahe so alt wie die des europäischen. Bis zum Jahre 1937 wurden insgesamt 1300 Filme in den damaligen Studios von Bombay – sie hießen Talkies, Imperial, Madan, Minerva, Prabhat, Sagar und Wadia - gedreht, also viel mehr als in Großbritannien. Zu den Pionieren der Studiogründer gehören Produzenten wie Himansu Rai (1892-1940) und Sohrab Modi (1897-1984), die ihre Studios nach dem Muster von Hollywood jeweils 1934 und 1936 schufen, und Schaupieler/Innen wie Prithviraj Kapoor (1906-1972), Jagdish Sethi, Mubarak, Madhuri und Zubeida vertraglich beschäftigten, die ursprünglich aus den Volkstheater stammten und die noch heute in Indien als die größten Künstler verehrt werden.
Zu den Anfängen der Filmgeschichte Indiens gehören auch die Deutschen Franz Osten (1876-1956), Josef Wirsching und Carl von Spreti, die sich jeweils für mehrere Jahre als Regisseur, Photograph und Bühnengestalter in Indien aufhielten. Der Stummfilm „Light of Asia“ (Leben des Buddha) wurde 1925 von Franz Osten teilweise im Studio „Bombay Talkies“ und im „Emelka Studio“ in Deutschland gedreht.
Zu den bekanntesten Stummfilmen gehören Alibaba, Alladin, Anarkali, Baccha Sakka und Kohinoor. Sie wurden in maximal zehn Tagen fertig gestellt, die teuersten Künstler erhielten monatlich ein Gehalt von 5.000 Rupien.
Von den insgesamt über 1300 Stummfilmen, die in Indien gedreht wurden, sind leider nur 15 erhalten geblieben.
Tonfilme
1930 begann die Ära der Tonfilme in Indien. Ardeshir Irani (1886-1969), auch Produzent zahlreicher Stummfilme, drehte als erster den Tonfilm „Alam Ara“ (Licht der Welt) und zeigte ihn am 14. März 1931 im „Bombay Majestic Theater“. Der Film hatte eine Länge von 10.500 Fuß, die Herstellungskosten betrugen 40.000 Rupien. In diesem Film wurden zum ersten Mal 13 Lieder gesungen. Seitdem ist der Gesang ein unverzichtbarer Bestandteil der indischen Filme geblieben.
Ardeshir Irani, ein Parse aus Bombay und Zarathustra Anhänger, drehte mehrere Filme mit altiranischen Themen wie z. B. „Dukhtar-e-Noor“1933 und “Firdausi und Shirin“ 1934 in persischer Sprache. Wegen seiner Pionierleistung auf dem Gebiet des Tonfilms wird er als „Grand Old Man of Indian Cinema“ bezeichnet. Die Entwicklung der indischen Filmindustrie ist größtenteils den Parsen Sohrab Modi, Ardeshar Irani und anderen zeitgenössischen Parsen zu verdanken. Diese führten das altindische Theater (Natak) in Bombay fort und drehten dort u. a. die Helden-, Königs- und Liebesgeschichten von Altpersien wie Shirin und Farhad (Liebesgeschichte), Nausherwan-i- Adil (gerechter König), Rustum (Held) in der
1931 drehte man auch in Bengalen mehrere Tonfilme im “ Madan Theatre“ am Stadtrand von Kalkutta in Tollygung, daher nannte man den Ort zeitweilig in der Urdusprache. auch „Tollywood“.
Damals drehte man in Bombay die Filme in südindischen Sprachen, wie „Kalidas“von H. M. Reddy in Tamil und „Bhakata Prahlada“ in Telegu. Kerala gründete 1946 ein eigenes Studio, das berühmte „Udaya Studio“, in dem der Regisseur S. S. Vasan 1948 den Film „Chandralekha“ drehte, der auf den Leinwänden von ganz Indien zu sehen war.
Themen
Die Themen der indischen Filme werden vorwiegend aus den Mythen und Legenden der altindischen Epen Mahabharata und Ramayana sowie aus den persisch-arabischen Erzählungen wie Tausendundeinenacht genommen. Die einzelne Thematik basiert nicht ausschließlich auf einem Genre wie Krimi, Wild West oder Liebe wie in einem westlichen Film. Ein normaler indischer Film, der bis zu drei Stunden oder länger dauert, beinhaltet etwas von alledem. Die Handlung dreht sich gewöhnlich um eine Familie, von der Wiege bis zu Bahre. Die Kinobesucher werden in eine Traumwelt geführt.
Es werden zwei Kategorien von Charakteren dargestellt, die Guten und die Bösen. Der erste ist immer charmant und heldenhaft wie Rama, der zweite ist hässlich und hinterhältig wie Ravana, in den Epen Ramayana. Die Rollen stehen nach altindischer Wertvorstellung fest, der Vater als Patriarch, streng und verantwortungsvoll, die Mutter gutmütig und opferbereit. Die Frau bleibt immer treu wie Sita zu Ram. Die Hauptdarstellerin soll hübsch, fügsam, opferbereit und unberührt sein, eine kämpferische und selbständige Frau wird nicht gewünscht. Als treue Ergebene des Filmhelden wartet sie geduldig auf den Tag der Vermählung, die Liebe zwischen den beiden findet nur über heimliche verführerische Blicke und über die Botschaften der Liebeslieder statt.. Der enttäuschte Liebhaber findet seinen Halt zeitweilig bei einer schönen kultivierten käuflichen „Tawaif“, die ihn mit Gesang und Tanz (Mujra) und Wein (Sharab) verwöhnt. Die Zuschauer sehen gerne die Machenschaften von Geistern (Dämon, Bhut, Malach, Jin, Satan), die den Körper eines Familienmitgliedes in Besitz nehmen und quälen. Schließlich findet die Befreiung durch Hexentreiber, Heilige der Hindus (Gurus ) oder Moslems (Pirs) statt, oder der Gequälte findet in den Armen der Heiligen den ersehnten Tod (Nirvana, Jannat). Indische Filme sind auch fast undenkbar ohne die Präsenz eines Bösewichts (Villian), der die angehende Braut vergewaltigt und die Liebenden durch seine Missetaten auseinander treibt. Außerdem wird dem Publikum gerne ein Komiker, ein körperlich deformierter Geldverleiher (Bania, Mahajan, Ojha) oder ein Steuereintreiber (Munimji, Munshi) mit zerbrochener Brille auf der Nase präsentiert. Die entsprechenden Darsteller Pran (geb. 1920), als Bösewicht und ,Johnny Walker (Geburtsname: Badruddin Jamuluddin Kazi, geb. 1925) als Komiker spielten jeweils in über 400 und 300 Bollywoodfilmen, wahrscheinlich begab sich kein Schauspieler der Welt so häufig in solche Rollen.
Bei der Beschreibung der Inhalte der Filme muss hier mit Nachdruck betont werden, dass sie stark zur Herstellung der Harmonie zwischen Hindus und Moslems in Indien beitragen haben.
Gesang, Gedichte und Künstler
Die Musik ist die Seele der indischen Filme. Nach europäischen Kriterien können die indischen Filme als „Musicals“ bezeichnet werden. Auch die Stummfilme bestanden vielfach aus Liedern und Musik, die im Hintergrund auf Harmonium, Sarangi und Tabla gespielt wurde. Alam Ara hatte mehr als 13 Lieder, Indra Sabha sogar über 40.
Die ersten Tonfilme übernahmen diese Tradition, die Filme der vierziger Jahre wie Kismet, Laila Majnu und Shakuntala hatten jeweils 18, 22 und 41 Lieder. Filmgesang und Filmmusik gehen auf die uralte Tradition von Bhajan, Ramlila, Raslila, Raga, Dhrupad, Khayal, Ghazal, Qawwali, usw. zurück. Die Texte der heutigen Filmlieder, die sog. „Hindi-Geet“, sind aus einer Mischung der Hindi- und Urdusprache entstanden. Sie sind sehr beliebt und werden auch in Südindien verstanden und gesungen. Die Lieder aus Bollywood trugen entscheidend zur Verbreitung dieser Sprachen auf nationaler Ebene bei. Die Lieder stellen eine wesentliche Einnahmequelle für die Filmproduzenten dar. Die Filme aus Bollywood erzielen mehr als 20% ihrer Einnahmen aus dem Verkauf der Musikrechte. Schon lange bevor der Film läuft, kommt die Musik auf den Weltmarkt, dadurch wird die Masse für den Film gewonnen.
Zu den großen Stumm- und Tonfilmsängern/Innen der Anfangszeit gehören Jaddanbai (Mutter der Schaupielerin Nargis), Begum Akhtar, Mallika Begum, Saigal (Kundan Lal Saigal, 1904-46),der bekannteste Ragasänger, und Punkaj Mullick (1905-78), Suraiya (geb. 1929), Shamshad Begum und Noorjehan (1929-2000, „Königin der Stimme“ genannt), die auch in den damaligen Filmen mitspielten. Seit den vierziger Jahren dominierten Playbacksänger/Innen die Filme wie Suriya (geb. 1929), vor allem Rafi Mohammad (1924-80), Mukesh (Mukesh Chand Mathur, 1923-76), Talat Mahmood, Kishore Kumar (1929-87) und die Sängerinnen Lata Mangeshkar (geb. 1929) und ihre Schwester Asha Bhosle (geb. 1933). Lata Mangeshkar und Rafi Mohammad sangen in Playback die meisten Lieder in den Bollywoodfilmen, keiner auf der Welt hat so viel gesungen wie die beiden.
Die bekanntesten Liederschreiber (Ghazalschreiber) der Filmindustrie sind: Aga Hashr Kashmeri, Hasrat Jaipuri (1918-1999), Javeed Akhtar (geb. 1945), Jigar Moradabadi, Kaifi Azmi ( 1925-2001), Majrooh Sultanpuri ( 1919-2000), Sahir Ludhianwi (1921-1980) und Shakeel Badayuni (1917-1970). Ihre Lieder werden heute noch weltweit in Millionen- auflagen verkauft.
Aufgrund der immensen Bedeutung der Lieder haben die bekannten indischen Filme immer einen Musikdirektor, unter ihnen Naushad Ali (geb. 1919), Rahul Dev Burman (1939-94), Sachin Dev Burman (1906-75), Anil Biswas ( geb. 1914), Madan Mohan (Madan Mohan Kohli, (1924-75) und A. R. Rahman (Allah Rakha Rahman, geb. 1966).
Von einigen Ausnahmen abgesehen sind die Drehbuchautoren bei den Zuschauern kaum bekannt, daher spielen sie im Vergleich zu den Gedichtsschreibern und Musikdirektoren eine sekundäre Rolle bei der Gestaltung des Films. Es sind primär die Filmregisseure, die die Inhalte des Drehbuches vorgeben.
Der Tanz im Film hat wenig gemeinsam mit den klassischen Tänzen wie Bharatanatyam, Kathak oder Kathakali, er besteht hauptsächlich aus einer Mischung von modernem europäischen und indischen Volkstanz, der mit erotischen Bewegungen und Kostümen gestaltet wird, was bei den Zuschauern sehr gut ankommt. Die Tänzerin Helen (geb. 1939, ihr Vater war Franzose) dominierte jahrelang die indische Filmbühne, sie wird in Indien als „Golden Girl“ bezeichnet.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass die indische Filmindustrie wegen ihrer vielfältigen Leistung sehr früh in der Welt bekannt wurde. Schon 1934 zeigte Indien den Film „Sita“ auf dem Film- festival von Venedig. „Neecha Nagar“(Verachtetes Land) von Chetan Anand (1915-97), „Do Bigha Zameen“ (Zwei Hektar Land) von Bimal Roy (1909-66) und „Pather Pancheli“ (Wegebeschreibung) von Satyajit Ray (1921-93) gewannen jeweils 1946, 1954 und 1956 beim Filmfestival von Cannes bedeutende Preise, der letzte als „Prix du document humaine“. Dieser Film lief 226 Tage in einem Kino von New York, und brach damit den Laufzeitrekord für einen Film innerhalb von dreißig Jahren.
Filmentwicklung nach 1950
Gewöhnlich teilt man die indischen Filme dieses Zeitraums in drei Epochen. Die Epoche nach der Unabhängigkeit, die Zeit zwischen den sechziger und achtziger Jahren und schließlich die Periode der Globalisierung.
In der fünfziger Jahren bzw.nach der Unabhängigkeit Indiens 1947 erfuhr die Filmindustrie eine große Veränderung. Während des zweiten Weltkrieges horteten die Kriegsgewinner eine Menge Schwarzgeld, das sie in Bollywood investierten. Demzufolge brach das alte Studiosystem zusammen, das bisher die Künstler unter Arbeitsvertrag hielt. Die Filmemacher gründeten ihre eigenen Produktionsstätten, die Schauspieler wurden zu freien Mitarbeitern und verlangten hohe Gagen. Die Unabhängigkeit verschaffte der Filmindustrie neuen Auftrieb, da es ihr während der britischen Herrschaft nicht erlaubt gewesen war, politische Filme zu drehen. Die Teilung von Bengalen und Punjab in Indien und Pakistan schwächte die Filmindustrie von Kalkutta und Lahore, zahlreiche Künstler kamen nach Bollywood und gaben dort neue Impulse. Auch die sozialistische Regierung unter dem Ministerpräsidenten Jawaharlal Nehru (1947-1964) eröffnete den Weg zur progressiven Filmen. Es kam zu Gründungen von fortschrittlichen Arbeitsgemeinschaften der Filmkünstler wie „Indian People’s Theatre Association“ (IPTA), die auch von der kommunistischen Partei Indiens (CPI) unterstützt wurde. Die wichtigsten Filmemacher und Künstler, die aus dieser Bewegung hervorgingen, waren Khawaja Ahmad Abbas ( 1914-87), Mrinal Sen (geb. 1923) Balraj Sahani (1913-73), und die aus Kerala stammenden Regisseure P. Bhaskaran und Ramu Kariat. Bedeutende progressive Filme der damaligen Zeit waren „Dharti ke Lal“ 1946 (Söhne der Erde) von Khwaja Ahmad Abbas (1914-87), „Do Bigha Zameen“ 1953 von Bimal Roy (1909-66) , „Kagaz ke Phol“ 1959 (Blumen aus Papier) von Guru Dutt (1925-64), Filme aus Kalkutta wie „Chinnamul“ 1950 (Die Entwurzelten) und „Nagarik“ 1952 (Der Bürger), „Pather Panchali“ 1955 von Satyajit Ray (1921-93) sowie aus Kerala „ Nilgalenne Communistaki“ 1952 (Du hast einen Kommunisten aus mir gemacht) und „Neela Koel“ 1954 (Blaue Nachtigall). Im Kontrast zu den alten Filmen kritisierten diese die gesellschafts- politische Struktur Indiens und propagierten den Aufbau eines demokratisch säkularen Staates. Zu diesen Filmen gehörte auch der Monumentalfilm „Mother India“ 1958 von Mehboob Khan (1906-64), ein Film über die Vision des Nehru-Sozialismus, der auf den altindischen Prinzipien von Opfer, Gewaltlosigkeit und Mutter-Erde-Mythos aufbaute.
Typische Kinohelden der fünfziger und sechziger Jahre sind z. B.: Ashok Kumar (1911-2001), Raj Kapoor (1924-88), Dilip Kumar (Yusuf Khan, geb.1922) und Dev Anand (geb. 1923). Der älteste unter ihnen arbeitete seit 1936 als Schauspieler in über 104 Filmen, wurde berühmt durch die Filme „Naya Sansar“ 1941 (Neue Welt), „Kismet“ 1944 (Schicksal), „Chitralekha“ 1964 (Geschichte einer Frau), „Pakeeza“ 1971 (Kurtisane aus Lucknow). Raj Kapoor begann seine Filmkarriere 1935, spielte in 62 Filmen. In seinen Filmen wie “Awara“ (Vagabund) 1951, „Shri 420“(Sanfte Betrüger) und „ Prinz von Piplinagar“,1955, übernahm er immer wieder die Rolle eines herumziehenden Vagabundes mit Charme und Humor. Die Lieder „Mera jota hai Japani, dil hai magar Hindustani“ (Meine Schuhe sind aus Japan, aber mein Herz ist indisch ) in „Shri 420“ und „Awara hoon, Awara hoon“ (Ich bin ein Vagabund) aus „Awara“ gehören immer noch zu den Kultliedern Indiens. Dilip Kumar (Jusuf Khan, geb. 1922) wurde berühmt durch die Filme „Devdas“ 1955 (eine tragische Liebesgeschichte, in vielen Versionen verfilmt) und „Mughal-e-Azam“ 1960 (Großmogul), ein Film, der als „König der Tragödie“ bezeichnet wird. Dev Anand (geb. 1923) zählte zur Gruppe der progressiven Schriftsteller und Schauspieler und wurde als „romantischer Darsteller“ bezeichnet..
Zu den großen Schauspielerinnen dieser Epoche zählen: Nargis (Fatima Rashid, 1929-81), Suraiya (Suraiya Jamal, geb. 1929), Madhubala (Mumtaz Jehan, 1933-69) und Meena Kumari (Mahajabeen, 1933-72). Nargis spielte in „Romeo und Juliet“ 1948, „Awara“ 1951, „Shri 420“, „Mother India“ 1954, Suriya in „Amar Kahani“ 1949 (Unsterbliche Geschichte), „Mirza Ghalib“1955 (Ein Dichter im 18. Jahrhundert), Madhubala in „ Mughal-e-Azam“ 1961 und Meena Kumari in „Do Bigha Zameen“ 1953, und „Pakeeza“1962 (Kurtisanen aus Lucknow).
Die Ära der siebziger Jahre zeigte eine grundlegende Änderung im Bollywood. Um diese Zeit vollzog sich die Urbanisierung Indiens, die bisherige rurale Bevölkerung wanderte in die Städte ab, lebte dort in erbärmlichen Verhältnissen und sehnte sich nach Wegbereitern zur Änderung ihrer Lebenslage. Die alten Schauspieler, die Moralprediger und Erhalter der bisherigen Gesellschaftsordnung wurden über Nacht abgelöst. In „Angry Young Man“ erschien auf der Leinwand Amitabh Bachchan (geb. 1942)). Er wurde als „Rebell und Einzelkämpfer“ gegen eine heuchlerische korrupte Gesellschaft präsentiert, der bereit war, die bisherigen Normen auch mit Gewalt zu ändern. Er spielte in den Filmen wie „Zanjeer“ 1973 (Fesseln ) „Deewar“ 1975 (Mauer), „Sholey“ 1975 (Glut), „Muqaddar ka Sikandar“ 1979 (Meister des Schicksals), die damals von den jungen Filmregisseuren Yash Chopra, Prakash Mehra und Ramesh Sippy gedreht worden. Das mutige Auftreten von Amitabh Bachchan gegen die Oberen begeisterte die Masse, er wurde als Symbol des Widerstands wie eine Ikone gefeiert. Als er während der Dreharbeiten zum Film „Coolie“ 1983 verletzt wurde und ins Krankenhaus kam, betete ganz Indien für seine Genesung und alle Nachrichtenmedien befassten sich an erster Stelle mit ihm. Er enttäuschte das indische Volk sehr als er 1984 als Freund von Rajiv Gandhi für die Kongresspartei kandidierte. Daraufhin verabschiedete er sich von der Politik, erfreut sich aber immer noch großer Beliebtheit. Er hat bis jetzt in fast 120 Filmen mitgespielt.
Infolge der Globalisierung und fortschreitender Industrialisierung entstand in Indien eine Mittelschicht (über 200 Millionen z. Zt.), die über Wohlstand und Bildung verfügte und dementsprechend Anforderungen an die Filme stellte. So verbesserte sich zunehmend die Filmqualität. Aber auch aus anderen Gründen stieg die Anzahl der Bollywoodfilme rasant an. Zur Zeit leben über 40 Millionen Menschen des indischen Subkontinents, einschließlich Pakistan und Bangladesh, im Ausland, die zu den festen Kunden der indischen Filme zählen. Auch die Inder der zweiten und dritten Generation im Ausland sehen gerne die Bollywoodfilme. Wegen der kulturellen Nähe werden die indischen Filme in Südost -, Fern - und Zentralasien, im Mittleren Osten, in Afrika, der Türkei und Russland gesehen. Es ist zu beobachten, dass in den letzten Jahren die Hollywoodfilme von den Asiaten und Afrikanern wohl aus politischen Gründen weniger gesehen werden. Hinzu kommt, dass die Filme aus Hollywood nicht mehr so sind wie sie einmal waren. Diese Lücke wird von den indischen Filmen gefüllt.
Die Filme aus Indien stellen die Familie, die Liebe und den Kollektivismus in den Mittelpunkt, halten grenzenlose Freiheit und freien Sex für verpönt, heizen ihr Publikum mit romantischem Gesang und Tanz an, erzeugen gute Stimmung für die Zukunft, sind also Filme für die ganze Familie. Danach sehnen sich wahrscheinlich viele Menschen in den überzivilisierten Gesellschaften. Filme dieser Art wie „Kabhi Khush Kabhi Gham“ (Manchmal glücklich, manchmal Traurig), „Laagan“ (Vermählung), „Monsoon Wedding“, „Asoka“,usw. wurden in den deutschen Kinos und Fernsehenanstalten von RTL2 und Pro7 gezeigt, fast vier Millionen sahen diese bis zur Mitte des Jahres 2005.
Im Juli 2004 wurde in Stuttgart ein Filmfestival „Bollywood & Beyond“ organisiert und dort wurden 36 Spiel- und Dokumentarfilme aus Indien gezeigt.
Bollywood dreht heute auch Filme in Österreich und der Schweiz, um das indische und internationale Publikum mit dem Gebirgsflair zu verzaubern.
Zu den Filmkünstlern der neuen Zeit muss gesagt werden, dass sie, im Gegensatz zu den früheren Darstellern, die für das Spielen bestimmter Rollen nach altindischer Tradition bekannt waren, heute untereinander austauschbar sind und vielfach ihren Platz durch amouröses Auftreten und aufgepäppeltes Aussehen behaupten.
Die Schauspielerinnen, die heute an der Spitze stehen, sind: Aishwarya Rai, Karisma Kapur, Madhuri Dixit und Preity Zinta, die im Gegensatz zu den früheren Schauspielerinnen die Kunst der modernen Tänze gut beherrschen und die Zuschauer weltweit begeistern. Bei den männlichen Schauspielern ist es vor allem das „Khan Triumvirat“ Shah Rukh Khan (geb.1965), Aamir Khan (geb. 1965) und Salman Khan (geb. 1972), das z. Zt. die Filmlandschaft dominiert. Der erste von ihnen wird in Indien als „Gott in Menschengestalt“ verehrt, er erhält eine Gage von mindestens einer Million Euro pro Film. Die Khans sind in Deutschland durch ihre oben erwähnten Filme „Kabhi Kush Kabhi Gham“ und „Laagan“ bekannt geworden. Zum ersten Mal in der Filmgeschichte Indiens ist von Aamir Khan der Film „Mutiny“(Meuterei) sowohl in englischer als auch in indischer Sprache gleichzeitig gedreht worden und seit dem 12. August 2005 in Kinos in Indien und Großbritannien gezeigt worden. Der Film erzählt die Geschichte von „Mangal Pandey“, der 1857 in Delhi Anführer des großen Aufstandes gegen die East India Company war. Dieser Film ist im Hinblick auf das Publikum der Englisch sprechenden Länder mit einem Aufwand von zehn Millionen Dollar produziert worden, der bisher teuerste Film Indiens. Es zeigt sich, dass Bollywood heute in der Lage ist, die Produktion solcher Mammutfilme zu finanzieren und auf dem internationalen Markt mit Hollywood zu konkurrieren.
Die Khans, Mira Nair (bekannt durch „Monsoon Wedding“), Shekhar Kapur („Bandit Queen“, die Geschichte einer vogelfreien Banditin, die zur Politikerin wurde), Deepa Mehta („Paani“ Wasser , Film über das Leben gestrandeter Witwen in Benares), Yash Chopra „Deewar“(Die Mauer) sind seit längerer Zeit ständig unterwegs, um ihren Anteil auf dem europäischen Filmmarkt zu erhöhen. Demzufolge sahen bereits 2004 etwa 3,6 Milliarden Menschen weltweit indische Filme, Hollywood muss sich mit einer Milliarde weniger Zuschauer begnügen. Es wird geschätzt, dass die Bollywoodfilme bereits ein Viertel ihres Umsatzes, ca. 125 Millionen Dollar, im Ausland erzielen, und es ist nach der bisherigen Entwicklung davon auszugehen, dass dieser Anteil noch zunehmen wird.
Auserwählte Literatur:
“Bollywood and Beyond” in Germany. In: India Perspectives. Hrsg. Ministry of External Affairs. Oktober 2004. New Delhi. S. 18f
Britannica Encyclopaedia of Hindi Cinema. New Delhi 2003.
Malhotra, B. M., Ardeshir Irani. Father of India`s Talkies. In: India Perspectives. April 2004. New Delhi. S. 19f
Malhotra, B. M., Dadasaheb Phalke. The Father of Indian Cinema. In: India Perspectives. March 2004. New Delhi. S. 20f
Rajadhakha, Ashish. Indien: Bilder der Nation. In: Geschichte des internationalen Films. Stuttgart 1998. S. 639f
Schulze, Brigitte. Die Erfindung der geeinten Nation. Der indische Film. In: Mythen der Nationen: Völker im Film. München 1998. S. 113f
Thompson, Kristin. Film History. New York 1994. S. 285f
Wunderland Bollywood. Text Suketu Mehta. In: National Geographic Deutschland. August 2005. S. 90f