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Indische Diaspora in Afrika
Das Wort Diaspora ist griechisch und bedeutet unter anderem verstreuen. Damit ist eine Gruppe von Menschen gemeint, die infolge von Not und Verfolgung ihre Heimat verlassen haben und häufig mit Völkern zusammenleben müssen, die sich meistens von ihnen nach Rasse, Religion und Sprache unterscheiden, wo sie infolgedessen auch nicht immer gerne gesehen werden. Diese Bezeichnung wurde ursprünglich lediglich für die im Ausland lebenden Juden benutzt. Heute wird das Wort Diaspora im weitesten Sinne für alle Emigranten gebraucht. Danach wird die indische Diaspora weltweit auf ca. 20 Millionen geschätzt, nur Chinesen übertreffen sie.
Nach der Definition der indischen Regierung teilt man die indische Diaspora in zwei Kategorien ein, nämlich erstens sind es Personen indischer Abstammung bzw. PIO, d. h., Persons of Indian Origin, die nicht mehr in Indien leben und deren Eltern, Großeltern und Urgroßeltern in Indien geboren sind. Die PIO werden aus politisch ökonomischen Gründen vom indischen Staat bevorzugt behandelt. Sie erhalten multiple Einreisevisa bis zu einer Dauer von 20 Jahren und verfügen über sämtliche Rechte, mit Ausnahme des Landerwerbs.
Zu der zweiten Gruppe zählen Inder, die als indische Staatsbürger im Ausland arbeiten, sie werden als NRI, Non Resident Indians bezeichnet. Die Identifizierung als NRI ist nach dem zweiten Weltkrieg entstanden. Aufgrund fehlender Arbeitskräfte in den westlichen Ländern wurden zahlreiche Inder, zunächst von anglophonen Ländern wie Großbritannien, Nordamerika, Kanada, Australien nach dem Quotensystem für bestimmte Tätigkeiten angeworben. Seit den sechziger Jahren wurden sie auf der Basis befristeter Verträge für ein bis drei Jahre in die Petro Dollar Staaten im Golf geholt, wo sie mit einer Zahl von über drei Millionen am meisten vertreten sind. Als NRI arbeiten zur Zeit weltweit über 10 Millionen Inder.
In diesem Aufsatz wird aber lediglich über Personen indischer Abstammung, die PIO in Afrika gesprochen, die vor undenklicher Zeit freiwillig dorthin ausge-wandert sind oder gezwungenermaßen während der Kolonialherrschaft nach Afrika gekommen sind. Insgesamt wird die Zahl von PIO in ganz Afrika auf vier Millionen geschätzt, davon zwei Millionen in Ost- und Südafrika und den Inseln des indischen Ozeans, östlich von Afrika.
Seit Jahrhunderten ist die Ostküste Afrikas den Indern als Seefahrer und Händler bekannt gewesen, die Römer, Araber und Europäer berichten reichlich über ihre Geschäftstüchtigkeit. Die Einheimischen nannten sie Muhindi/Wahindi. Vasco da Gama und alle anderen Seefahrer aus den Kolonialländern nahmen ihre Dienste in Daressalam, Mombasa, Sansibar als Lotsen und Wegweiser nach Indien in Anspruch, da sie die kürzesten Fahrtrouten und den vom Monsun her günstigsten Zeitpunkt günstigsten Zeitpunkt zum Segeln am besten kannten. (Arabisch: Mausam = Windrichtung).
In diesem Aufsatz wird zunächst die Ursache der indischen Diaspora in Afrika kurz geschildert.
Seit der Zeit der Maurya-Könige (321-184 v. Chr.) war der indische Herrscher der oberste Herr über Grund und Boden. Auch der Besitz der indischen Fürsten gehörte dem König. Francois Bernier, der sich zwischen 1658 und 1667 als Arzt an den Mogulnhöfen aufhielt, schrieb: " ... dass die Omrahs (Adligen) von Hindoustan weder Landeigentümer sein können noch über selbständige Einkünfte verfügen, wie es bei den Adligen von Frankreich und christlichen Staaten der Fall ist" 1).
Trotz des absoluten Eigentumsrechts des Herrschers an Grund und Boden, verfügte die Dorfgemeinde fast ununterbrochen über das Nutzungsrecht des ihr zugewiesenen Landes, das wiederum von einzelnen Bauern und von deren Nachkommen bewirtschaftet wurde. Der Bauer war somit der faktische Besitzer des von ihm bebauten Grund und Bodens, solange er den Steuerverpflichtungen nachkam 2).
Der vom einzelnen Bauer erwirtschaftete Überschuss am Ertrag wurde mit den Webern, Schneidern, Schreinern, Schustern Maurern, Barbieren, Hebammen und Totengräbern geteilt. Auf dieser Grundlage der Tauschwirtschaft basierte die existentielle Grundversorgung der Dorfgemeinschaft.
Dies alles änderte sich gewaltig während der Herrschaft der Ostindischen Gesellschaft (1764-1857) in Indien. Sie schuf ein Gesetz (Permanent Settlement Act), das die Keimzelle des privaten Besitztums in Indien schuf. Danach wurde zum ersten Mal ein kleiner Kreis von Landeigentümern bzw. Zamindaren geschaffen. Der Glaube daran, dass die Großgrundbesitzer in der Lage waren, die Landwirtschaft zum Zwecke der Industrialisierung zu kommerzialisieren, spiegelte dabei den Erfolg der kapitalistischen Agrarwirtschaft in Großbritannien wieder. Danach waren die indischen Bauer nicht mehr Eigentümer des Landes, das sie seit Jahrhunderten bebaut hatten. Sie wurden jetzt Pächter und Landknechte des einzelnen Zamindars. Die Steuer- und Abgabelasten unterschiedlicher Art, die der Zamindar den Bauern auferlegte, führten dazu, dass der Bauer zu Grunde ging. Am Ende des 18. Jahrhunderts starb fast ein Drittel der Landbevölkerung von Bengalen, das damals auch die heutigen Bundesstaaten Orissa und Bihar umfasste, und unter der Verwaltung der Ostindischen Gesellschaft lag. Der damalige Generalgouverneur von Bengalen, Charles Cornwallis (1786-1793), berichtete im englischen Parlament, wie folgt: „Ich möchte versichern, dass ein Drittel des territorialen Besitzes der Gesellschaft in Indien jetzt zu einer Wildnis geworden ist, die nur von wilden Tieren bewohnt wird" 3).
Mit dem Ruin der bäuerlichen Gesellschaft einher ging die Vernichtung der Weber (Julaha, eine moslemische Weberkaste) und deren Baumwollproduktion, die Wirtschaftssäule der indischen Wirtschaft.
Die Webereien von Bengalen wurden aufgrund der Billigprodukte aus England völlig vernichtet. William Cavendish Bentinck, Indiens Generalgouverneur (1827-1835) äußerte sich dazu folgendermaßen: "Das Elend findet kaum eine Parallele in der Geschichte des Handels. Die Knochen der Baumwollweber bleichen die Ebenen von Indien" 4).
Somit wurde der Ackerbau und das Handwerk völlig zerstört, die bisher die Säule der indischen Gesellschaft gewesen waren. Jawaharlal Nehru schrieb: "Indien entwickelte sich zur Agrarkolonie des industrialisierten England, als Lieferant der Rohstoffe und als Abnehmermarkt der englischen Waren" 5).
Infolge des nordamerikanischen Unabhängigkeitskriegs (1776-1783) und der französischen Revolution (1789), die auf den karibischen Inseln zur Sklaven- revolte gegen die Plantagenbesitzer führte, kam es in den Kolonien zur Verknappung der Arbeitskräfte beim Anbau der bisherigen Exportprodukte wie Zucker, Baumwolle, Indigo usw..
Demzufolge wurde Indien die Funktion als Billiglieferanten von Arbeitskräften als Ersatz für die Sklaven, den sogenannten Kulis (Tamil: Tagelöhner), zugewiesen. Die Engländer bedienten sich des von ihnen verursachten Heers von Arbeitslosen, sowohl für den eigenen Bedarf als auch für die anderen Kolonialherren. Während der Kolonialherrschaft wurden über fünf Millionen Inder als Kulis in überseeische Länder verschifft 6).
Die ersten Arbeiter kamen aus Bengalen, dem Herrschaftsbereich der Ostindischen Gesellschaft. Sie wurden über den Hafen von Hoogly (Kalkota) nach Ost-Afrika (heute Kenia, Tansania und Uganda) gebracht. Um diese Zeit verschifften auch die Franzosen ihre Arbeitskräfte, zunächst als Sklaven, aus ihren südindischen Besatzungen von Pondicherry (Pudicheri) und Karaikal in Tamil Nadu, in ihre Inselkolonien im Indischen Ozean, nach Madagaskar, Mauritius, Réunion und zu den Seychellen. Die Portugiesen taten dieses auch für ihre afrikanischen Kolonien Mosambik und Angola.
Die damaligen Vertragsarbeiter stellten keine homogene Gruppe dar. Dieser Zustand ist bis heute unverändert geblieben. Sie sind Hindus, Moslems, Christen, Sikhs und Parsen. Die Hindus machen insgesamt fast 70 % der afrikanischen Diaspora aus. Die Moslems zählen zur zweitstärksten Gruppe von 20 %, die Christen und Sikhs liegen bei nicht mehr als 7 bis 8 % der dortigen indischen Bevölkerung.
Im Gegensatz zu den Vertragsarbeitern sind Geschäftsleute aus Indien mehrheitlich freiwillig und aus eigener Initiativen nach Afrika gekommen. Zu ihnen gehören hauptsächlich Hindus und Moslems. Die Hindus kommen aus der Kaste der Banias, die Moslems aus der Volksgruppe der Bohras, Khojas (Ismailis: Anhänger von Aga Khan) und Memons, sie sind zum größten Teil Schiiten. Sowohl Hindus als auch Moslems kommen hauptsächlich aus dem Bundesstaat Gujarat. Es sind solche, die seit Jahrhunderten ausschließlich Geschäfte betreiben.
Die von der indischen Diaspora gesprochenen Sprachen sind Hindustani bzw. Bhojpuri, ein alter Dialekt der Gangesebene, und die südindischen Tamil, Telegu, Malayalam und Konkani, Sprachen, die in den ehemaligen französischen und portugiesischen Kolonien gesprochen werden. Die Sprache der Geschäftsleute ist aber weitgehend Gujarati.
Am Anfang des 19. Jahrhunderts brachten die Engländer eine kleine Zahl von Indern nach Afrika für den Straßenbau, zur Urbarmachung der Siedlungsgebiete und als Soldaten. Erst am Ende des 19. Jahrhunderts kam eine große Zahl von ihnen nach Ost-Afrika zum Bearbeiten von Zuckerfeldern und für den Eisenbahnbau, der 1896 begann. Der indische Unternehmer Alibhoy Jeevanji erhielt zu diesem Zweck einen Vertrag von den Engländern zum Anheuern von über 30.000 indischen Arbeitern. Der Eisenbahnbau begann 1896 am Hafen von Mumbasa (Kenia), erreichte im Jahr 1901 den Viktoriasee und endete 1931 in Kampala (Uganda). Diese Bahn, Uganda-Bahn genannt, ist 930 km lang und verbindet Kenia, Tansania und Uganda miteinander. Entlang dieser Bahnlinien entstanden zahlreiche ostafrikanische Städte wie Nairobi (Hauptstadt von Kenia), Kisumu, Kitale und Jinju, in denen heute noch Inder in großer Zahl leben. Auch die Bahn ermöglichte es ihnen, sich im Inneren des Landes niederzulassen. Die Bauarbeiter waren hauptsächlich Sikhs aus Punjab. Von hier aus wurden sie auch zum Baumfällen nach Vancouver (Kanada) und als Landarbeiter nach Nord-Amerika gebracht. Die Parsen fanden in der Uganda-Bahn Beschäftigung als Lokomotivführer und Bahnangestellte. Seit Beginn der Dampfschifffahrt zwischen Mumbai und Sansibar 1872 kamen in großer Zahl Geschäftsleute aus Gujarat und Mumbai nach Afrika.
Nach einer Schätzung beläuft sich zur Zeit die Zahl der PIO in Ost-Afrika (Kenia, Tansania und Uganda) auf ca. 205.000, das sind ca. 0,72 % der dortigen Gesamtbevölkerung (s. Tabelle). Bis in die siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts kontrollierten die Inder fast 90% des dortigen Handels, von Afrikanern abfällig Dukawalla (Hindi: Dukan = Geschäftsinhaber) genannt. Um 1960 lag das pro Kopf Einkommen eines Inders in Uganda bei 288 Pfund Sterling, dagegen nur 12 Pfund bei den Einheimischen 7).
Auch wegen ihrer Zusammenarbeit mit den Engländern wurden sie Zielscheibe massiver Kritik in Ost-Afrika. 1971 gab Idi Amin, der Diktator von Uganda (1971-1979), den Befehl, den 75.000 Indern, die nicht die Staatsangehörigkeit von Uganda besaßen, das Land innerhalb von 90 Tagen zu verlassen. Kein einziger afrikanischer Staatsmann sprach sich gegen eine solche Vertreibungspolitik von Idi Amin aus. In der Tat wanderten 1972 über 72.000 Inder von dort nach Großbritannien aus. Auch in den anderen Staaten von Ost-Afrika wurden die Stimmen gegen sie sehr laut. Jomo Kenyatta, der erste Präsident von Kenia (1964-1978), sagte den Indern „Pack and Go“. Bis 1975 verließen fast 200.000 Inder Ost-Afrika.
Jawaharlal Nehru, Premierminister von Indien (1947-1964), riet den dort lebenden Indern, Afrika als ihr Heimatland zu betrachten, sich kräftig in den dortigen Freiheitsbewegungen zu engagieren und sich in das dortige Volk zu integrieren. In einer seiner Reden ging er sogar so weit zu sagen:
„If you cannot be and if you are not friendly to the people of that country, come back to India and do not spoil the fair name of India“ 8).
Auch gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden Inder nach Süd- Afrika gebracht, zunächst nach Natal, Transvaal und Cape Colony und zwar für die gleichen Tätigkeiten wie Zucker- und Eisenbahnanbau. Indische Händler schlossen sich ihnen an. Fast 90% der südafrikanischen indischen Diaspora lebt noch in diesen drei Gebieten. Heute beläuft sich ihr Bevölkerungsanteil auf 1,2 Millionen und damit machen sie 2,78% der südafrikanischen Bevölkerung aus. Ihr Einkommen ist drei Mal so hoch wie das der Schwarzafrikaner und halb so groß wie das der Weißen. Sie sind aber in die südafrikanische Gesellschaft gut integriert. Sie betreiben nicht nur Geschäfte, sondern sind sie auch vielfach in den akademischen Bereichen, Regierungsämtern sowie in der Politik tätig. Diese Entwicklung geht auf Mahatma Gandhi zurück, der dort 21 Jahre (1893-1914) lebte und zusammen mit den Afrikanern Widerstand gegen die dortige Rassentrennungspolitik leistete. Der Indian National Congress diente Nelson Mandela bei seiner Gründung des African National Congress 1960 als Vorbild. Im Gegensatz zu Ost-Afrika sind die Inder von Süd-Afrika nicht vertrieben worden.
Von Ost- und Süd-Afrika ging ein Teil der indischen Diaspora auf der Suche nach Arbeits- und Geschäftsmöglichkeiten nach Botswana, Malawi, Sambia (früher: Nord- Rhodesien) und Simbabwe (Süd-Rhodesien). Die Engländer gewährten den Indern die Möglichkeit, sich in ihren Kolonien frei zu bewegen und wohnhaft zu werden, um ihren Bedarf an Gütern und Dienstleistungen zu decken. In den genannten Ländern beträgt die Gesamtzahl der PIO 44.000. Ihr Anteil macht insgesamt lediglich 0,72 % der Bevölkerung aus, aber sie sind auch in diesen Ländern sehr wohlhabend, was gelegentlich zu Konflikten zwischen ihnen und den dortigen Bevölkerung führt.
In der ehemaligen englischen Kolonie Mauritius sind die indischen Emigranten am meisten vertreten. Wie nirgendwo sonst in der Welt bilden sie hier die Mehrheit, mit einer Zahl von 617.000, machen sie fast 60 % der dortigen Gesamtbevölkerung aus. Die Insulaner nennen ihr Land „Little India“.
Die Franzosen besaßen diese Insel von 1715-1810 und brachten während dieser Zeit die Inder aus ihren besetzten Gebieten Pondicherry und Karaikal (Tamil Nadu), zunächst als Sklaven auf die Insel. Infolge des Krieges (1803-1815) zwischen Napoleon und England musste Frankreich 1810 Mauritius an England abtreten. Aber Frankreich ließ in einem Vertrag festschreiben, dass die Engländer die bisherige französische Kultur, Sprache und Tradition weiter beibehalten sollten.
Nach der Übernahme der Insel brachten die Engländer eine große Zahl von Indern nach Mauritius. Hier kamen auch vielfach die Vertragsarbeiter aus dem damaligen Bengalen, deswegen auch hier heute noch das alte Bhojpuri gesprochen wird. Aber auch Morisyen, eine kreolische Sprache, die auf dem Französischen basiert, wird von fast allen Inselbewohnern im Alltag benutzt. Interessant dabei zu beobachten, dass die PIO trotz ihrer großen Mehrheit und Geschäftstüchtigkeit in Mauritius keine ökonomisch dominante Rolle spielen. Die Kreolen, ehemalige Sklaven aus Afrika, die sich mit Europäern vermischt haben und die lediglich 5% der dortigen Bevölkerung ausmachen, kontrollieren noch wichtige Geschäfte und Ämter in Mauritius. Es kann ohne weiteres gesagt werden, dass die herrschende Oberschicht bis heute französisch geprägt geblieben ist.
Im Gegensatz zur englischen war die französische und portugiesische Politik darauf fixiert, ihre Sklaven und Fremdarbeiter voll an ihre Gesellschaft zu assimilieren. Infolge dieser Politik wurden die PIO in den frankophonen Kolonien wie Madagaskar, Mauritius, den Seychellen und Réunion christianisiert. Dort musste man Französisch oder Kreolisch sprechen, französische Namen und Kleider tragen, um voll und ganz Franzose zu sein. So ist es heute sehr schwer, die PIO in diesen Ländern auszumachen, mit Ausnahme von Mauritius, das von den Engländern übernommen wurde, die eine Politik der Nichteinmischung in kulturell-religiöse Angelegenheiten ihrer Kolonialvölker betrieben.
In den lusophonen Staaten von Mosambik und Angola kamen die PIO primär aus den portugiesischen Kolonien Goa, Daman und Diu, die bereits zum Katholizismus konvertiert waren, portugiesisch sprachen und sich voll assimiliert hatten. Ihnen wurde auch erlaubt, in den porugiesischen Kolonien Land zu erwerben, was bei den Engländern und Franzosen lange Zeit nicht möglich war. Menschen aus Goa wurden sogar zu Großgrundbesitzern und Feudalherren in Mosambik, die sogenannten Prazeiros. Bei der Vergabe von Ämtern herrschte offensichtlich keine Diskriminierung wegen Herkunft und Hautfarbe. In den lusophonen Ländern wurden die Kolonialvölker nach der Assimilierung als verlängerter Arm des Mutterlandes bzw. Imperiums betrachtet. Die indische Stadt Velha Goa blieb bis zum Jahre 1530 Sitz des Vize-Königs von Mosambik. Aus diesen Gründen waren sie bereits im 19. Jahrhundert weder in ihrer äußeren Erscheinung noch in ihrer Tradition als indisch zu erkennen. In den dortigen Statistiken findet man lediglich einige indische Geschäftsleute, die sich nicht assimiliert haben und die neu hinzugekommenen NRI.
In der ehemaligen französischen Kolonie Seychellen leben noch ca. 5.000 PIO, sie machen 6,25 % der dortigen Bevölkerung aus. Sie sind dort voll assimiliert, sehr wenige von ihnen haben noch indische Namen.
Réunion ist seit 1946 ein Teil bzw.ein Départment, es heißt „Outre Mer“ von Frankreich. Die Vertragsarbeiter kamen auch hier aus den ehemaligen französischen Kolonien Tamil Nadu und Malabar. Fast 25 % der Gesamtbevölkerung von 800.000 sind indischer Abstammung. Sie gehören zur römisch- katholischen Kirche und haben sich mit der dortigen afrikanischen und französischen Bevölkerung vermischt. Die Einheimischen nannten sie Tamilou. Es sind dort lediglich ca. 8.000 als indische Geschäftsleute übrig geblieben, die noch ihre alten indischen Namen, ihre Religion und Tradition beibehalten haben.
In Madagaskar leben 25.000 PIO, das sind 0,17 % der dortigen Bevölkerung. Die meisten von ihnen sind Händler und Geschäftsleute aus Gujarat und Mumbai, in der Mehrzahl Bohras und Khojas aus Gujarat. Sie pflegen ihre alte Kultur und Tradition weiter. Sie kontrollieren noch über 50 % der dortigen Binnengeschäfte und sind dort nicht gern gesehen.
Zum Schluss sei gesagt, dass sich die indischen Händler bis jetzt kaum in die afrikanische Gesellschaft integriert haben. Die Händlergruppen sowohl der Hindus als auch der Moslems kommen mehrheitlich aus Gujarat, gelten in religiöser Hinsicht als sehr konservativ, pflegen ihre Landessprache und Tradition und leben noch weitgehend nur mit ihren eigenen Volksgruppen zusammen. Sie bilden in Afrika in kultureller und sprachlicher Sicht eine Einheit, eben die der Vertragsarbeiter, die aus verschiedenen Regionen kamen. Die wirtschaftliche Unabhängigkeit und Besserstellung der Händler brachte sie nicht unter Zwang, ihre Lebensweise und Weltanschauung zu ändern, wie es bei den lohnabhängigen Kulis und Vertragsarbeitern der Fall war.
Nachdem Indien begonnen hat, ökonomisch und politisch eine beachtliche Rolle in der Welt zu spielen, fühlt sich die indische Diaspora zu dem ursprünglichen Land ihrer Vorväter hingezogen. Nach der Unabhängigkeit Indiens und der afrikanischen Länder normalisieren sich die Beziehungen zwischen ihnen und ihren Gastländern und diese werden durch die modernen Kommunikations- und Transportmittel noch gefördert. Seit über 20 Jahren arbeitet Indien auf Bundesebene an der Pflege und Intensivierung der Beziehungen zwischen der indischen Diaspora in deren Gastländern. Es sind inzwischen unzählige öffentliche und private Institutionen und Organisationen in Indien entstanden, die zur Wiederbelebung der Kultur, Tradition und Kontakte untereinander beitragen. Die Aufzählung solcher Organe, die sich der Renaissance der Beziehungen widmen, würde den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen.
Die Inder im Ausland, sowohl PIO und NRI zählen zu einer der erfolgreichsten Volksgruppen in ihren Aufenthaltsländern. In den USA und Kanada sind sie die Wohlhabendsten unter aller Minoritäten. Dies gibt ihnen das Gefühl der Stärke und Zugehörigkeit zu ihrem Ursprungsland. Zu diesem Zweck sind Netzwerke und internationale Dachorganisationen, wie Global Organization of Persons of Indian Origin (GOPIO) entstanden, die sich als Brückenbauer, Informationsträger und Sprachrohr für die Belange der indischen Diaspora einsetzen und die Gastländer auf die Diskriminierung und Benachteiligung dort ansässiger Inder aufmerksam machen und medienwirksame Maßnahmen und politische Schritte ergreifen.
Es ist allgemein bekannt, dass die chinesische Diaspora entscheidend zur Entwicklung von China als Großmacht beigetragen hat. Die Chinesen in den Ländern ihrer Diaspora betrieben hauptsächlich Handel und Kommerz, dagegen blieben die Inder in ihren Gastländern weitgehend lohnabhängig. Die Auslandschinesen verfügten fast über eine Monopolstellung für ihre Heimatwaren wie Seide, Porzellan, Schießpulver, Papier, Buchdruckkunst und Tee. Darüber hinaus stiegen sie in die Gastronomiewirtschaft ein. Im Laufe der Zeit kontrollierten sie einen beträchtlichen Teil des Binnengeschäfts von Südost- Asien, von den Philippinen bis Birma. Da sie in Regionen lebten, die ihnen kulturell verwandt waren, hatten sie es leichter, sich dort geschäftlich zu entfalten. Dagegen waren die Geschäftsbedingungen für die Inder in Afrika ungünstig und feindselig. Außerdem hinderte das Vordringen europäischer Seefahrer und Kolonialherren die Inder gewaltig an der Ausbreitung ihrer Geschäfte in überseeischen Ländern wie in Afrika. Darüber hinaus lernten die Chinesen sehr früh von den Europäern in Hongkong, Singapur und Macao das moderne Geld- und Bankwesen kennen, die Formalitäten und Wege des internationalen Geschäftes. Es entwickelte sich unter ihnen eine Klasse des Geld- und Handelsadels, Maiban, die ihr Kapital und Können der Volksrepublik China zur Verfügung stellten.
Die Chinesen von Chinatown in den USA, Kanada und England beschäftigten sich vornehmlich mit Handel und Geschäften aller Art, anders als die Inder. Die indischen Geschäftsleute konnten im europäischen Raum ihre Tabus nur schwer überwinden, was notwendig gewesen wäre, um heimisch zu werden. Die viel geringere Zahl indischer Geschäftsleute in Europa belegt das.
Seit den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts trägt die indische Diaspora zu der Entwicklung Indiens bei, und zwar durch die in Silicon Valley (Kalifornien) arbeitenden NRI, die dort wegen ihrer guten technischen Ausbildung Arbeit fanden. Sie wurden im Laufe der Zeit Mitinhaber und Gründer der namhaften Informationstechnologiefirmen. Von ihnen gingen Einige nach Bangalore (Karnataka) und Hyderabad (Andhra Pradesh) und gründeten dort Firmen, die heute zu den größten der Welt zählen. Sie tragen massiv zum Export von Computersoft- und Hardware ins Ausland bei, fast 30 % der indischen Auslandsdevisen gehen auf diese Firmen zurück.
Auch die Devisenüberweisung der indischen Diaspora spielt eine sehr große Rolle bei der Entwicklung Indiens. Nach Angaben der Reserve Bank of India wurden 2009 von im Ausland lebenden Indern fast 30 Milliarden US-Dollar nach Indien überwiesen, was 4 % des indischen Bruttosozialprodukts darstellt. Bei der Überweisung lag der Anteil der USA bei 44 % an erster Stelle. Danach kamen die Golfländer mit 25 % und Europa mit 13 %. Nach den Schätzungen liegen die Überweisungen von Indern weit höher, da der Großteil des Geldes, insbesondere aus den Petro Dollar Staaten, über Hawala bzw. Vermittlungsmänner und Geschäftsinhaber transferiert wird. Da Inder seit ein paar Jahren verstärkt als IT- Spezialisten und Fachkräfte weltweit eingestellt werden, nehmen die Geldüberweisungen nach Indien zu. So wird vermutet, dass Indien diesbezüglich bald China überholen wird.
Hinzu kommen zur Zeit fast sechs Millionen Touristen nach Indien, wovon über 80 % aus dem Kreis der PIO und NRI sind. Die Einnahmen werden dadurch auf acht Milliarden geschätzt. Die Mehrzahl der Auslandsinder kommt aus dem Inneren des Landes und auf diese Weise wird durch ihre Besuche auch die bisher vernachlässigte Infrastruktur des Binnenlandes verbessert und die dortige Kaufkraft gesteigert.
Indien hat sich ohne Zweifel als demokratisches Land voll bewährt und dabei weitgehend friedlich entwickelt. Das schafft eine gute Voraussetzung für die Investition. Demzufolge ist erkennbar, dass die indische Diaspora zunehmend in Indien investiert. Ein sehr gutes Beispiel liefert uns das Land Gujarat, das sich, verglichen mit den anderen Bundesländern Indiens, infolge der Investitionen von Gujratis aus Afrika, Nordamerika und England am besten ökonomisch und industriell entwickelt hat.
Die Überweisungen indischer Vertragsarbeiter aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Saudi-Arabien nach Kerala und Hyderabad haben entscheidend zum Wohlstand der dortigen Bevölkerung und Gründung zahlreicher kleiner Betriebe beigetragen.
Land PIO und NRI Bevölkerungsanteil
Süd-Afrika 1.200.000 2,78%
Mauritius 716.000 59,67%
Kenia 103.000 0,33%
Tansania 90.000 0,26%
Magaskar 25.000 0, 17%
Mosambik 21.000 0,12%
Simbabwe 17.000 0,13%
Sambia 13.000 0,12%
Uganda 12.000 0,05%
Botswana 9.000 0,42%
Réunion 8.000 1,00%
Seychellen 5.000 6,25%
Malawi 5.000 0,25%
Literatur:
1) Bernier, Francois. Travels in the Mogul Empire A. D.
1656-1668. By Vincent A. Smith. London 1916. S. 224
2) Antonova, K. Alex sandrovna. A History of India. Book 1.
Moscow 1979. S. 88
3) Minute in September 18,1789. In: John Strachey. The End
of Empire. London 1959. S. 66
4) Marx, Karl. Das Kapital. Marx Engels Werke (MEW). Bd. 9
(1960). S. 455
5) Nehru, Jawaharlal. The Discovery of India. Calcutta 1947.
S. 247
6) Potts, Lydia. Weltmarkt für Arbeitskräfte. Hamburg. 1988
7) Ramchandani, R. R., Uganda Asians. Bombay 1976.
S. 84-87
8) Selected Works of Jawaharlal Nehru. Vol. 9., New Delhi.
1976. S. 619
9) Dubey, Ajay. Indian Diaspora in Africa. New Delhi 2010
Zahlenangaben über Inder in Afrika, s. unterschiedliche
internationale
Statistiken
(Autor: Dr. rer. pol., Dipl. Kfm., Oberbibliotheksrat a. D. der Universitätsbibliothek Bremen und ehemaliger Lehrbeauftragter der Universität Oldenburg)
Das Wort Diaspora ist griechisch und bedeutet unter anderem verstreuen. Damit ist eine Gruppe von Menschen gemeint, die infolge von Not und Verfolgung ihre Heimat verlassen haben und häufig mit Völkern zusammenleben müssen, die sich meistens von ihnen nach Rasse, Religion und Sprache unterscheiden, wo sie infolgedessen auch nicht immer gerne gesehen werden. Diese Bezeichnung wurde ursprünglich lediglich für die im Ausland lebenden Juden benutzt. Heute wird das Wort Diaspora im weitesten Sinne für alle Emigranten gebraucht. Danach wird die indische Diaspora weltweit auf ca. 20 Millionen geschätzt, nur Chinesen übertreffen sie.
Nach der Definition der indischen Regierung teilt man die indische Diaspora in zwei Kategorien ein, nämlich erstens sind es Personen indischer Abstammung bzw. PIO, d. h., Persons of Indian Origin, die nicht mehr in Indien leben und deren Eltern, Großeltern und Urgroßeltern in Indien geboren sind. Die PIO werden aus politisch ökonomischen Gründen vom indischen Staat bevorzugt behandelt. Sie erhalten multiple Einreisevisa bis zu einer Dauer von 20 Jahren und verfügen über sämtliche Rechte, mit Ausnahme des Landerwerbs.
Zu der zweiten Gruppe zählen Inder, die als indische Staatsbürger im Ausland arbeiten, sie werden als NRI, Non Resident Indians bezeichnet. Die Identifizierung als NRI ist nach dem zweiten Weltkrieg entstanden. Aufgrund fehlender Arbeitskräfte in den westlichen Ländern wurden zahlreiche Inder, zunächst von anglophonen Ländern wie Großbritannien, Nordamerika, Kanada, Australien nach dem Quotensystem für bestimmte Tätigkeiten angeworben. Seit den sechziger Jahren wurden sie auf der Basis befristeter Verträge für ein bis drei Jahre in die Petro Dollar Staaten im Golf geholt, wo sie mit einer Zahl von über drei Millionen am meisten vertreten sind. Als NRI arbeiten zur Zeit weltweit über 10 Millionen Inder.
In diesem Aufsatz wird aber lediglich über Personen indischer Abstammung, die PIO in Afrika gesprochen, die vor undenklicher Zeit freiwillig dorthin ausge-wandert sind oder gezwungenermaßen während der Kolonialherrschaft nach Afrika gekommen sind. Insgesamt wird die Zahl von PIO in ganz Afrika auf vier Millionen geschätzt, davon zwei Millionen in Ost- und Südafrika und den Inseln des indischen Ozeans, östlich von Afrika.
Seit Jahrhunderten ist die Ostküste Afrikas den Indern als Seefahrer und Händler bekannt gewesen, die Römer, Araber und Europäer berichten reichlich über ihre Geschäftstüchtigkeit. Die Einheimischen nannten sie Muhindi/Wahindi. Vasco da Gama und alle anderen Seefahrer aus den Kolonialländern nahmen ihre Dienste in Daressalam, Mombasa, Sansibar als Lotsen und Wegweiser nach Indien in Anspruch, da sie die kürzesten Fahrtrouten und den vom Monsun her günstigsten Zeitpunkt günstigsten Zeitpunkt zum Segeln am besten kannten. (Arabisch: Mausam = Windrichtung).
In diesem Aufsatz wird zunächst die Ursache der indischen Diaspora in Afrika kurz geschildert.
Seit der Zeit der Maurya-Könige (321-184 v. Chr.) war der indische Herrscher der oberste Herr über Grund und Boden. Auch der Besitz der indischen Fürsten gehörte dem König. Francois Bernier, der sich zwischen 1658 und 1667 als Arzt an den Mogulnhöfen aufhielt, schrieb: " ... dass die Omrahs (Adligen) von Hindoustan weder Landeigentümer sein können noch über selbständige Einkünfte verfügen, wie es bei den Adligen von Frankreich und christlichen Staaten der Fall ist" 1).
Trotz des absoluten Eigentumsrechts des Herrschers an Grund und Boden, verfügte die Dorfgemeinde fast ununterbrochen über das Nutzungsrecht des ihr zugewiesenen Landes, das wiederum von einzelnen Bauern und von deren Nachkommen bewirtschaftet wurde. Der Bauer war somit der faktische Besitzer des von ihm bebauten Grund und Bodens, solange er den Steuerverpflichtungen nachkam 2).
Der vom einzelnen Bauer erwirtschaftete Überschuss am Ertrag wurde mit den Webern, Schneidern, Schreinern, Schustern Maurern, Barbieren, Hebammen und Totengräbern geteilt. Auf dieser Grundlage der Tauschwirtschaft basierte die existentielle Grundversorgung der Dorfgemeinschaft.
Dies alles änderte sich gewaltig während der Herrschaft der Ostindischen Gesellschaft (1764-1857) in Indien. Sie schuf ein Gesetz (Permanent Settlement Act), das die Keimzelle des privaten Besitztums in Indien schuf. Danach wurde zum ersten Mal ein kleiner Kreis von Landeigentümern bzw. Zamindaren geschaffen. Der Glaube daran, dass die Großgrundbesitzer in der Lage waren, die Landwirtschaft zum Zwecke der Industrialisierung zu kommerzialisieren, spiegelte dabei den Erfolg der kapitalistischen Agrarwirtschaft in Großbritannien wieder. Danach waren die indischen Bauer nicht mehr Eigentümer des Landes, das sie seit Jahrhunderten bebaut hatten. Sie wurden jetzt Pächter und Landknechte des einzelnen Zamindars. Die Steuer- und Abgabelasten unterschiedlicher Art, die der Zamindar den Bauern auferlegte, führten dazu, dass der Bauer zu Grunde ging. Am Ende des 18. Jahrhunderts starb fast ein Drittel der Landbevölkerung von Bengalen, das damals auch die heutigen Bundesstaaten Orissa und Bihar umfasste, und unter der Verwaltung der Ostindischen Gesellschaft lag. Der damalige Generalgouverneur von Bengalen, Charles Cornwallis (1786-1793), berichtete im englischen Parlament, wie folgt: „Ich möchte versichern, dass ein Drittel des territorialen Besitzes der Gesellschaft in Indien jetzt zu einer Wildnis geworden ist, die nur von wilden Tieren bewohnt wird" 3).
Mit dem Ruin der bäuerlichen Gesellschaft einher ging die Vernichtung der Weber (Julaha, eine moslemische Weberkaste) und deren Baumwollproduktion, die Wirtschaftssäule der indischen Wirtschaft.
Die Webereien von Bengalen wurden aufgrund der Billigprodukte aus England völlig vernichtet. William Cavendish Bentinck, Indiens Generalgouverneur (1827-1835) äußerte sich dazu folgendermaßen: "Das Elend findet kaum eine Parallele in der Geschichte des Handels. Die Knochen der Baumwollweber bleichen die Ebenen von Indien" 4).
Somit wurde der Ackerbau und das Handwerk völlig zerstört, die bisher die Säule der indischen Gesellschaft gewesen waren. Jawaharlal Nehru schrieb: "Indien entwickelte sich zur Agrarkolonie des industrialisierten England, als Lieferant der Rohstoffe und als Abnehmermarkt der englischen Waren" 5).
Infolge des nordamerikanischen Unabhängigkeitskriegs (1776-1783) und der französischen Revolution (1789), die auf den karibischen Inseln zur Sklaven- revolte gegen die Plantagenbesitzer führte, kam es in den Kolonien zur Verknappung der Arbeitskräfte beim Anbau der bisherigen Exportprodukte wie Zucker, Baumwolle, Indigo usw..
Demzufolge wurde Indien die Funktion als Billiglieferanten von Arbeitskräften als Ersatz für die Sklaven, den sogenannten Kulis (Tamil: Tagelöhner), zugewiesen. Die Engländer bedienten sich des von ihnen verursachten Heers von Arbeitslosen, sowohl für den eigenen Bedarf als auch für die anderen Kolonialherren. Während der Kolonialherrschaft wurden über fünf Millionen Inder als Kulis in überseeische Länder verschifft 6).
Die ersten Arbeiter kamen aus Bengalen, dem Herrschaftsbereich der Ostindischen Gesellschaft. Sie wurden über den Hafen von Hoogly (Kalkota) nach Ost-Afrika (heute Kenia, Tansania und Uganda) gebracht. Um diese Zeit verschifften auch die Franzosen ihre Arbeitskräfte, zunächst als Sklaven, aus ihren südindischen Besatzungen von Pondicherry (Pudicheri) und Karaikal in Tamil Nadu, in ihre Inselkolonien im Indischen Ozean, nach Madagaskar, Mauritius, Réunion und zu den Seychellen. Die Portugiesen taten dieses auch für ihre afrikanischen Kolonien Mosambik und Angola.
Die damaligen Vertragsarbeiter stellten keine homogene Gruppe dar. Dieser Zustand ist bis heute unverändert geblieben. Sie sind Hindus, Moslems, Christen, Sikhs und Parsen. Die Hindus machen insgesamt fast 70 % der afrikanischen Diaspora aus. Die Moslems zählen zur zweitstärksten Gruppe von 20 %, die Christen und Sikhs liegen bei nicht mehr als 7 bis 8 % der dortigen indischen Bevölkerung.
Im Gegensatz zu den Vertragsarbeitern sind Geschäftsleute aus Indien mehrheitlich freiwillig und aus eigener Initiativen nach Afrika gekommen. Zu ihnen gehören hauptsächlich Hindus und Moslems. Die Hindus kommen aus der Kaste der Banias, die Moslems aus der Volksgruppe der Bohras, Khojas (Ismailis: Anhänger von Aga Khan) und Memons, sie sind zum größten Teil Schiiten. Sowohl Hindus als auch Moslems kommen hauptsächlich aus dem Bundesstaat Gujarat. Es sind solche, die seit Jahrhunderten ausschließlich Geschäfte betreiben.
Die von der indischen Diaspora gesprochenen Sprachen sind Hindustani bzw. Bhojpuri, ein alter Dialekt der Gangesebene, und die südindischen Tamil, Telegu, Malayalam und Konkani, Sprachen, die in den ehemaligen französischen und portugiesischen Kolonien gesprochen werden. Die Sprache der Geschäftsleute ist aber weitgehend Gujarati.
Am Anfang des 19. Jahrhunderts brachten die Engländer eine kleine Zahl von Indern nach Afrika für den Straßenbau, zur Urbarmachung der Siedlungsgebiete und als Soldaten. Erst am Ende des 19. Jahrhunderts kam eine große Zahl von ihnen nach Ost-Afrika zum Bearbeiten von Zuckerfeldern und für den Eisenbahnbau, der 1896 begann. Der indische Unternehmer Alibhoy Jeevanji erhielt zu diesem Zweck einen Vertrag von den Engländern zum Anheuern von über 30.000 indischen Arbeitern. Der Eisenbahnbau begann 1896 am Hafen von Mumbasa (Kenia), erreichte im Jahr 1901 den Viktoriasee und endete 1931 in Kampala (Uganda). Diese Bahn, Uganda-Bahn genannt, ist 930 km lang und verbindet Kenia, Tansania und Uganda miteinander. Entlang dieser Bahnlinien entstanden zahlreiche ostafrikanische Städte wie Nairobi (Hauptstadt von Kenia), Kisumu, Kitale und Jinju, in denen heute noch Inder in großer Zahl leben. Auch die Bahn ermöglichte es ihnen, sich im Inneren des Landes niederzulassen. Die Bauarbeiter waren hauptsächlich Sikhs aus Punjab. Von hier aus wurden sie auch zum Baumfällen nach Vancouver (Kanada) und als Landarbeiter nach Nord-Amerika gebracht. Die Parsen fanden in der Uganda-Bahn Beschäftigung als Lokomotivführer und Bahnangestellte. Seit Beginn der Dampfschifffahrt zwischen Mumbai und Sansibar 1872 kamen in großer Zahl Geschäftsleute aus Gujarat und Mumbai nach Afrika.
Nach einer Schätzung beläuft sich zur Zeit die Zahl der PIO in Ost-Afrika (Kenia, Tansania und Uganda) auf ca. 205.000, das sind ca. 0,72 % der dortigen Gesamtbevölkerung (s. Tabelle). Bis in die siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts kontrollierten die Inder fast 90% des dortigen Handels, von Afrikanern abfällig Dukawalla (Hindi: Dukan = Geschäftsinhaber) genannt. Um 1960 lag das pro Kopf Einkommen eines Inders in Uganda bei 288 Pfund Sterling, dagegen nur 12 Pfund bei den Einheimischen 7).
Auch wegen ihrer Zusammenarbeit mit den Engländern wurden sie Zielscheibe massiver Kritik in Ost-Afrika. 1971 gab Idi Amin, der Diktator von Uganda (1971-1979), den Befehl, den 75.000 Indern, die nicht die Staatsangehörigkeit von Uganda besaßen, das Land innerhalb von 90 Tagen zu verlassen. Kein einziger afrikanischer Staatsmann sprach sich gegen eine solche Vertreibungspolitik von Idi Amin aus. In der Tat wanderten 1972 über 72.000 Inder von dort nach Großbritannien aus. Auch in den anderen Staaten von Ost-Afrika wurden die Stimmen gegen sie sehr laut. Jomo Kenyatta, der erste Präsident von Kenia (1964-1978), sagte den Indern „Pack and Go“. Bis 1975 verließen fast 200.000 Inder Ost-Afrika.
Jawaharlal Nehru, Premierminister von Indien (1947-1964), riet den dort lebenden Indern, Afrika als ihr Heimatland zu betrachten, sich kräftig in den dortigen Freiheitsbewegungen zu engagieren und sich in das dortige Volk zu integrieren. In einer seiner Reden ging er sogar so weit zu sagen:
„If you cannot be and if you are not friendly to the people of that country, come back to India and do not spoil the fair name of India“ 8).
Auch gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden Inder nach Süd- Afrika gebracht, zunächst nach Natal, Transvaal und Cape Colony und zwar für die gleichen Tätigkeiten wie Zucker- und Eisenbahnanbau. Indische Händler schlossen sich ihnen an. Fast 90% der südafrikanischen indischen Diaspora lebt noch in diesen drei Gebieten. Heute beläuft sich ihr Bevölkerungsanteil auf 1,2 Millionen und damit machen sie 2,78% der südafrikanischen Bevölkerung aus. Ihr Einkommen ist drei Mal so hoch wie das der Schwarzafrikaner und halb so groß wie das der Weißen. Sie sind aber in die südafrikanische Gesellschaft gut integriert. Sie betreiben nicht nur Geschäfte, sondern sind sie auch vielfach in den akademischen Bereichen, Regierungsämtern sowie in der Politik tätig. Diese Entwicklung geht auf Mahatma Gandhi zurück, der dort 21 Jahre (1893-1914) lebte und zusammen mit den Afrikanern Widerstand gegen die dortige Rassentrennungspolitik leistete. Der Indian National Congress diente Nelson Mandela bei seiner Gründung des African National Congress 1960 als Vorbild. Im Gegensatz zu Ost-Afrika sind die Inder von Süd-Afrika nicht vertrieben worden.
Von Ost- und Süd-Afrika ging ein Teil der indischen Diaspora auf der Suche nach Arbeits- und Geschäftsmöglichkeiten nach Botswana, Malawi, Sambia (früher: Nord- Rhodesien) und Simbabwe (Süd-Rhodesien). Die Engländer gewährten den Indern die Möglichkeit, sich in ihren Kolonien frei zu bewegen und wohnhaft zu werden, um ihren Bedarf an Gütern und Dienstleistungen zu decken. In den genannten Ländern beträgt die Gesamtzahl der PIO 44.000. Ihr Anteil macht insgesamt lediglich 0,72 % der Bevölkerung aus, aber sie sind auch in diesen Ländern sehr wohlhabend, was gelegentlich zu Konflikten zwischen ihnen und den dortigen Bevölkerung führt.
In der ehemaligen englischen Kolonie Mauritius sind die indischen Emigranten am meisten vertreten. Wie nirgendwo sonst in der Welt bilden sie hier die Mehrheit, mit einer Zahl von 617.000, machen sie fast 60 % der dortigen Gesamtbevölkerung aus. Die Insulaner nennen ihr Land „Little India“.
Die Franzosen besaßen diese Insel von 1715-1810 und brachten während dieser Zeit die Inder aus ihren besetzten Gebieten Pondicherry und Karaikal (Tamil Nadu), zunächst als Sklaven auf die Insel. Infolge des Krieges (1803-1815) zwischen Napoleon und England musste Frankreich 1810 Mauritius an England abtreten. Aber Frankreich ließ in einem Vertrag festschreiben, dass die Engländer die bisherige französische Kultur, Sprache und Tradition weiter beibehalten sollten.
Nach der Übernahme der Insel brachten die Engländer eine große Zahl von Indern nach Mauritius. Hier kamen auch vielfach die Vertragsarbeiter aus dem damaligen Bengalen, deswegen auch hier heute noch das alte Bhojpuri gesprochen wird. Aber auch Morisyen, eine kreolische Sprache, die auf dem Französischen basiert, wird von fast allen Inselbewohnern im Alltag benutzt. Interessant dabei zu beobachten, dass die PIO trotz ihrer großen Mehrheit und Geschäftstüchtigkeit in Mauritius keine ökonomisch dominante Rolle spielen. Die Kreolen, ehemalige Sklaven aus Afrika, die sich mit Europäern vermischt haben und die lediglich 5% der dortigen Bevölkerung ausmachen, kontrollieren noch wichtige Geschäfte und Ämter in Mauritius. Es kann ohne weiteres gesagt werden, dass die herrschende Oberschicht bis heute französisch geprägt geblieben ist.
Im Gegensatz zur englischen war die französische und portugiesische Politik darauf fixiert, ihre Sklaven und Fremdarbeiter voll an ihre Gesellschaft zu assimilieren. Infolge dieser Politik wurden die PIO in den frankophonen Kolonien wie Madagaskar, Mauritius, den Seychellen und Réunion christianisiert. Dort musste man Französisch oder Kreolisch sprechen, französische Namen und Kleider tragen, um voll und ganz Franzose zu sein. So ist es heute sehr schwer, die PIO in diesen Ländern auszumachen, mit Ausnahme von Mauritius, das von den Engländern übernommen wurde, die eine Politik der Nichteinmischung in kulturell-religiöse Angelegenheiten ihrer Kolonialvölker betrieben.
In den lusophonen Staaten von Mosambik und Angola kamen die PIO primär aus den portugiesischen Kolonien Goa, Daman und Diu, die bereits zum Katholizismus konvertiert waren, portugiesisch sprachen und sich voll assimiliert hatten. Ihnen wurde auch erlaubt, in den porugiesischen Kolonien Land zu erwerben, was bei den Engländern und Franzosen lange Zeit nicht möglich war. Menschen aus Goa wurden sogar zu Großgrundbesitzern und Feudalherren in Mosambik, die sogenannten Prazeiros. Bei der Vergabe von Ämtern herrschte offensichtlich keine Diskriminierung wegen Herkunft und Hautfarbe. In den lusophonen Ländern wurden die Kolonialvölker nach der Assimilierung als verlängerter Arm des Mutterlandes bzw. Imperiums betrachtet. Die indische Stadt Velha Goa blieb bis zum Jahre 1530 Sitz des Vize-Königs von Mosambik. Aus diesen Gründen waren sie bereits im 19. Jahrhundert weder in ihrer äußeren Erscheinung noch in ihrer Tradition als indisch zu erkennen. In den dortigen Statistiken findet man lediglich einige indische Geschäftsleute, die sich nicht assimiliert haben und die neu hinzugekommenen NRI.
In der ehemaligen französischen Kolonie Seychellen leben noch ca. 5.000 PIO, sie machen 6,25 % der dortigen Bevölkerung aus. Sie sind dort voll assimiliert, sehr wenige von ihnen haben noch indische Namen.
Réunion ist seit 1946 ein Teil bzw.ein Départment, es heißt „Outre Mer“ von Frankreich. Die Vertragsarbeiter kamen auch hier aus den ehemaligen französischen Kolonien Tamil Nadu und Malabar. Fast 25 % der Gesamtbevölkerung von 800.000 sind indischer Abstammung. Sie gehören zur römisch- katholischen Kirche und haben sich mit der dortigen afrikanischen und französischen Bevölkerung vermischt. Die Einheimischen nannten sie Tamilou. Es sind dort lediglich ca. 8.000 als indische Geschäftsleute übrig geblieben, die noch ihre alten indischen Namen, ihre Religion und Tradition beibehalten haben.
In Madagaskar leben 25.000 PIO, das sind 0,17 % der dortigen Bevölkerung. Die meisten von ihnen sind Händler und Geschäftsleute aus Gujarat und Mumbai, in der Mehrzahl Bohras und Khojas aus Gujarat. Sie pflegen ihre alte Kultur und Tradition weiter. Sie kontrollieren noch über 50 % der dortigen Binnengeschäfte und sind dort nicht gern gesehen.
Zum Schluss sei gesagt, dass sich die indischen Händler bis jetzt kaum in die afrikanische Gesellschaft integriert haben. Die Händlergruppen sowohl der Hindus als auch der Moslems kommen mehrheitlich aus Gujarat, gelten in religiöser Hinsicht als sehr konservativ, pflegen ihre Landessprache und Tradition und leben noch weitgehend nur mit ihren eigenen Volksgruppen zusammen. Sie bilden in Afrika in kultureller und sprachlicher Sicht eine Einheit, eben die der Vertragsarbeiter, die aus verschiedenen Regionen kamen. Die wirtschaftliche Unabhängigkeit und Besserstellung der Händler brachte sie nicht unter Zwang, ihre Lebensweise und Weltanschauung zu ändern, wie es bei den lohnabhängigen Kulis und Vertragsarbeitern der Fall war.
Nachdem Indien begonnen hat, ökonomisch und politisch eine beachtliche Rolle in der Welt zu spielen, fühlt sich die indische Diaspora zu dem ursprünglichen Land ihrer Vorväter hingezogen. Nach der Unabhängigkeit Indiens und der afrikanischen Länder normalisieren sich die Beziehungen zwischen ihnen und ihren Gastländern und diese werden durch die modernen Kommunikations- und Transportmittel noch gefördert. Seit über 20 Jahren arbeitet Indien auf Bundesebene an der Pflege und Intensivierung der Beziehungen zwischen der indischen Diaspora in deren Gastländern. Es sind inzwischen unzählige öffentliche und private Institutionen und Organisationen in Indien entstanden, die zur Wiederbelebung der Kultur, Tradition und Kontakte untereinander beitragen. Die Aufzählung solcher Organe, die sich der Renaissance der Beziehungen widmen, würde den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen.
Die Inder im Ausland, sowohl PIO und NRI zählen zu einer der erfolgreichsten Volksgruppen in ihren Aufenthaltsländern. In den USA und Kanada sind sie die Wohlhabendsten unter aller Minoritäten. Dies gibt ihnen das Gefühl der Stärke und Zugehörigkeit zu ihrem Ursprungsland. Zu diesem Zweck sind Netzwerke und internationale Dachorganisationen, wie Global Organization of Persons of Indian Origin (GOPIO) entstanden, die sich als Brückenbauer, Informationsträger und Sprachrohr für die Belange der indischen Diaspora einsetzen und die Gastländer auf die Diskriminierung und Benachteiligung dort ansässiger Inder aufmerksam machen und medienwirksame Maßnahmen und politische Schritte ergreifen.
Es ist allgemein bekannt, dass die chinesische Diaspora entscheidend zur Entwicklung von China als Großmacht beigetragen hat. Die Chinesen in den Ländern ihrer Diaspora betrieben hauptsächlich Handel und Kommerz, dagegen blieben die Inder in ihren Gastländern weitgehend lohnabhängig. Die Auslandschinesen verfügten fast über eine Monopolstellung für ihre Heimatwaren wie Seide, Porzellan, Schießpulver, Papier, Buchdruckkunst und Tee. Darüber hinaus stiegen sie in die Gastronomiewirtschaft ein. Im Laufe der Zeit kontrollierten sie einen beträchtlichen Teil des Binnengeschäfts von Südost- Asien, von den Philippinen bis Birma. Da sie in Regionen lebten, die ihnen kulturell verwandt waren, hatten sie es leichter, sich dort geschäftlich zu entfalten. Dagegen waren die Geschäftsbedingungen für die Inder in Afrika ungünstig und feindselig. Außerdem hinderte das Vordringen europäischer Seefahrer und Kolonialherren die Inder gewaltig an der Ausbreitung ihrer Geschäfte in überseeischen Ländern wie in Afrika. Darüber hinaus lernten die Chinesen sehr früh von den Europäern in Hongkong, Singapur und Macao das moderne Geld- und Bankwesen kennen, die Formalitäten und Wege des internationalen Geschäftes. Es entwickelte sich unter ihnen eine Klasse des Geld- und Handelsadels, Maiban, die ihr Kapital und Können der Volksrepublik China zur Verfügung stellten.
Die Chinesen von Chinatown in den USA, Kanada und England beschäftigten sich vornehmlich mit Handel und Geschäften aller Art, anders als die Inder. Die indischen Geschäftsleute konnten im europäischen Raum ihre Tabus nur schwer überwinden, was notwendig gewesen wäre, um heimisch zu werden. Die viel geringere Zahl indischer Geschäftsleute in Europa belegt das.
Seit den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts trägt die indische Diaspora zu der Entwicklung Indiens bei, und zwar durch die in Silicon Valley (Kalifornien) arbeitenden NRI, die dort wegen ihrer guten technischen Ausbildung Arbeit fanden. Sie wurden im Laufe der Zeit Mitinhaber und Gründer der namhaften Informationstechnologiefirmen. Von ihnen gingen Einige nach Bangalore (Karnataka) und Hyderabad (Andhra Pradesh) und gründeten dort Firmen, die heute zu den größten der Welt zählen. Sie tragen massiv zum Export von Computersoft- und Hardware ins Ausland bei, fast 30 % der indischen Auslandsdevisen gehen auf diese Firmen zurück.
Auch die Devisenüberweisung der indischen Diaspora spielt eine sehr große Rolle bei der Entwicklung Indiens. Nach Angaben der Reserve Bank of India wurden 2009 von im Ausland lebenden Indern fast 30 Milliarden US-Dollar nach Indien überwiesen, was 4 % des indischen Bruttosozialprodukts darstellt. Bei der Überweisung lag der Anteil der USA bei 44 % an erster Stelle. Danach kamen die Golfländer mit 25 % und Europa mit 13 %. Nach den Schätzungen liegen die Überweisungen von Indern weit höher, da der Großteil des Geldes, insbesondere aus den Petro Dollar Staaten, über Hawala bzw. Vermittlungsmänner und Geschäftsinhaber transferiert wird. Da Inder seit ein paar Jahren verstärkt als IT- Spezialisten und Fachkräfte weltweit eingestellt werden, nehmen die Geldüberweisungen nach Indien zu. So wird vermutet, dass Indien diesbezüglich bald China überholen wird.
Hinzu kommen zur Zeit fast sechs Millionen Touristen nach Indien, wovon über 80 % aus dem Kreis der PIO und NRI sind. Die Einnahmen werden dadurch auf acht Milliarden geschätzt. Die Mehrzahl der Auslandsinder kommt aus dem Inneren des Landes und auf diese Weise wird durch ihre Besuche auch die bisher vernachlässigte Infrastruktur des Binnenlandes verbessert und die dortige Kaufkraft gesteigert.
Indien hat sich ohne Zweifel als demokratisches Land voll bewährt und dabei weitgehend friedlich entwickelt. Das schafft eine gute Voraussetzung für die Investition. Demzufolge ist erkennbar, dass die indische Diaspora zunehmend in Indien investiert. Ein sehr gutes Beispiel liefert uns das Land Gujarat, das sich, verglichen mit den anderen Bundesländern Indiens, infolge der Investitionen von Gujratis aus Afrika, Nordamerika und England am besten ökonomisch und industriell entwickelt hat.
Die Überweisungen indischer Vertragsarbeiter aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Saudi-Arabien nach Kerala und Hyderabad haben entscheidend zum Wohlstand der dortigen Bevölkerung und Gründung zahlreicher kleiner Betriebe beigetragen.
Land PIO und NRI Bevölkerungsanteil
Süd-Afrika 1.200.000 2,78%
Mauritius 716.000 59,67%
Kenia 103.000 0,33%
Tansania 90.000 0,26%
Magaskar 25.000 0, 17%
Mosambik 21.000 0,12%
Simbabwe 17.000 0,13%
Sambia 13.000 0,12%
Uganda 12.000 0,05%
Botswana 9.000 0,42%
Réunion 8.000 1,00%
Seychellen 5.000 6,25%
Malawi 5.000 0,25%
Literatur:
1) Bernier, Francois. Travels in the Mogul Empire A. D.
1656-1668. By Vincent A. Smith. London 1916. S. 224
2) Antonova, K. Alex sandrovna. A History of India. Book 1.
Moscow 1979. S. 88
3) Minute in September 18,1789. In: John Strachey. The End
of Empire. London 1959. S. 66
4) Marx, Karl. Das Kapital. Marx Engels Werke (MEW). Bd. 9
(1960). S. 455
5) Nehru, Jawaharlal. The Discovery of India. Calcutta 1947.
S. 247
6) Potts, Lydia. Weltmarkt für Arbeitskräfte. Hamburg. 1988
7) Ramchandani, R. R., Uganda Asians. Bombay 1976.
S. 84-87
8) Selected Works of Jawaharlal Nehru. Vol. 9., New Delhi.
1976. S. 619
9) Dubey, Ajay. Indian Diaspora in Africa. New Delhi 2010
Zahlenangaben über Inder in Afrika, s. unterschiedliche
internationale
Statistiken
(Autor: Dr. rer. pol., Dipl. Kfm., Oberbibliotheksrat a. D. der Universitätsbibliothek Bremen und ehemaliger Lehrbeauftragter der Universität Oldenburg)